
Söders Erbschaftsteuer-Vorstoß: Bayerischer Alleingang gegen Berliner Zentralismus?
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder lässt nicht locker. Trotz deutlicher Ablehnung aus dem Kanzleramt beharrt der CSU-Chef auf seiner Forderung nach einer Revolution bei der Erbschaftsteuer. Was auf den ersten Blick wie ein innerkoalitionärer Streit zwischen CDU und CSU wirkt, offenbart bei genauerer Betrachtung ein fundamentales Problem des deutschen Föderalismus: Die Bevormundung der Länder durch den Bund und die systematische Umverteilung von fleißigen zu weniger fleißigen Bundesländern.
Familienvermögen in Gefahr: Wenn das Erbe zur Last wird
Bei "Markus Lanz" brachte Söder das Problem auf den Punkt: Immer mehr bayerische Familien müssten ihre geerbten Häuser verkaufen, nur um die Erbschaftsteuer bezahlen zu können. Ein Skandal in einem Land, das sich gerne als Hort der sozialen Marktwirtschaft präsentiert. Während die Politik von Familienförderung schwadroniert, zerstört sie mit der Erbschaftsteuer genau jene Vermögenswerte, die Familien über Generationen aufgebaut haben.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahren explodiert, die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer hingegen stagnierten. Das Resultat? Eine schleichende Enteignung des Mittelstands. Wer heute ein Einfamilienhaus in München oder Hamburg erbt, steht schnell vor sechsstelligen Steuerforderungen. Da hilft es wenig, wenn Bundeskanzler Merz meint, man habe "im Augenblick andere Sorgen".
Der Steuerwettbewerb als Chance
Söders Vorschlag klingt revolutionär und ist doch nur konsequent: Wenn die Erbschaftsteuer ohnehin eine reine Ländersteuer sei, warum sollten dann nicht auch die Länder über deren Höhe entscheiden dürfen? Der CSU-Chef träumt von einem echten Steuerwettbewerb: SPD-regierte Länder könnten die Steuer verdoppeln, Bayern würde sie halbieren. "Dann mal sehen, wer am Ende mehr Steuern hat", so Söders provokante Ansage.
"Der Länderfinanzausgleich ist die größte Sauerei und ein Riesenscheiß, was es in Deutschland gibt"
Mit dieser drastischen Wortwahl trifft Söder einen wunden Punkt. Tatsächlich zahlen nur drei bis vier Bundesländer in den Topf ein, aus dem sich die anderen bedienen. Bayern trägt dabei die Hauptlast. Jahr für Jahr fließen Milliarden aus dem Freistaat in Länder, die es sich in der Hängematte der Umverteilung bequem gemacht haben.
Merz' Ablehnung: Angst vor echter Föderalisierung?
Die Reaktion des Bundeskanzlers fiel erwartbar aus. Merz sieht keine Realisierungschancen für Söders Vorstoß und warnt vor einer Benachteiligung ärmerer Länder. Doch ist das wirklich das Problem? Oder fürchtet die Berliner Politik vielmehr den Kontrollverlust? Ein echter Steuerwettbewerb würde schließlich schonungslos offenlegen, welche Länder gut wirtschaften und welche nicht.
Die Argumentation des Kanzlers offenbart zudem ein merkwürdiges Demokratieverständnis: Wenn eine Steuer den Ländern zusteht, warum sollten diese dann nicht auch über deren Ausgestaltung entscheiden dürfen? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil dann Länder wie Berlin oder Bremen plötzlich die Konsequenzen ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik tragen müssten.
Der Koalitionsausschuss als Bewährungsprobe
Söder kündigte an, das Thema beim schwarz-roten Koalitionsausschuss anzusprechen. Es wird spannend zu beobachten sein, ob die CSU ihren bayerischen Kurs durchsetzen kann oder ob sie sich wieder einmal dem Berliner Diktat beugen muss. Die Klage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich beim Bundesverfassungsgericht zeigt jedenfalls, dass es dem Freistaat ernst ist.
Die Drohung mit einem Ausstieg aus dem Finanzausgleichssystem mag juristisch schwer umsetzbar sein, politisch sendet sie jedoch ein deutliches Signal: Die Geduld der Nettozahler ist am Ende. Es kann nicht sein, dass fleißige Bundesländer auf Dauer für die Versäumnisse anderer aufkommen müssen.
Zeit für echten Föderalismus
Söders Vorstoß zur Erbschaftsteuer ist mehr als nur bayerische Kraftmeierei. Er wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie viel Zentralismus verträgt eine föderale Republik? Warum sollten Bürger in wirtschaftlich erfolgreichen Regionen dauerhaft für die Fehler anderer bezahlen? Und vor allem: Ist es nicht an der Zeit, den Ländern wieder mehr Eigenverantwortung zu übertragen?
Ein Steuerwettbewerb bei der Erbschaftsteuer wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Er würde Transparenz schaffen und die Länder zwingen, verantwortungsvoll mit den Steuergeldern ihrer Bürger umzugehen. Dass ausgerechnet die Große Koalition in Berlin dies blockiert, überrascht nicht. Schließlich profitieren viele SPD-regierte Länder vom jetzigen System der Umverteilung.
Die Bürger sollten genau hinschauen, wer hier wessen Interessen vertritt. Söder mag mit seiner direkten Art polarisieren, in der Sache hat er jedoch recht: Es ist höchste Zeit, dass Deutschland zu einem echten Föderalismus zurückfindet, in dem Leistung belohnt und nicht bestraft wird. Die Alternative wäre ein weiteres Verharren in einem System, das Fleiß besteuert und Trägheit subventioniert. Für ein Land, das im internationalen Wettbewerb bestehen will, kann das keine Option sein.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Steuerberatung dar. Die dargestellten Informationen entsprechen der Meinung unserer Redaktion und den uns vorliegenden Informationen. Für individuelle steuerliche Fragen konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Steuerberater.