
Merz' erste Woche als Kanzler: Zwischen Wortbruch und Führungsschwäche
Die erste Amtswoche des neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz offenbart bereits deutliche Risse zwischen vollmundigen Wahlversprechen und der politischen Realität. Bei seinem Auftritt in der ARD-Sendung "Caren Miosga" versuchte Kanzleramtschef Thorsten Frei zwar, die Wogen zu glätten - doch die kritischen Nachfragen der Moderatorin und ihrer Gäste brachten den CDU-Mann mehrfach in Bedrängnis.
Holpriger Start mit gescheitertem ersten Wahlgang
Schon der erste Anlauf bei der Kanzlerwahl im Bundestag misslang - ein Fauxpas, der nicht nur im Inland für Stirnrunzeln sorgte. Zwar konnte Merz durch seinen Ukraine-Besuch zusammen mit anderen europäischen Regierungschefs außenpolitisch punkten. Doch die innenpolitischen Baustellen türmen sich bereits bedrohlich auf.
Das 500-Milliarden-Dilemma
Besonders beim umstrittenen 500-Milliarden-Finanzpaket für die Infrastruktur geriet Frei in Erklärungsnot. Der Vorwurf des Wortbruchs beim Thema Schuldenbremse steht im Raum. Freis Rechtfertigungsversuch, man habe "flexibel auf eine spezielle Situation" reagieren müssen, konterte der Soziologe Armin Nassehi messerscharf: "Man kann nicht sagen, dass die Rede von JD Vance die deutschen Brücken und Straßen kaputter gemacht hat."
Migrationspolitik: Zwischen Versprechen und Völkerrecht
Noch deutlicher wird die Diskrepanz zwischen Wahlkampfrhetorik und Regierungsrealität in der Migrationspolitik. Merz' vollmundiges Versprechen, ausnahmslos alle Versuche illegaler Einreise zurückzuweisen, entpuppt sich als rechtlich nicht durchführbar. Der neue Innenminister Dobrindt versucht nun, mit einer "intelligenten" Zurückweisungsstrategie den Spagat zwischen Wahlversprechen und geltendem Recht zu meistern.
Vernichtendes Urteil der Experten
Die Journalistin Kerstin Münstermann von der Rheinischen Post diagnostiziert eine "große Diskrepanz zwischen dem Wahlkämpfer Merz und dem Kanzler Merz". Noch schärfer fällt das Urteil des Soziologen Nassehi aus: "Wir haben ein Führungsproblem." Die Menschen sehnten sich nach einem erkennbaren Konzept hinter den politischen Entscheidungen.
Bewährungsprobe steht bevor
Am kommenden Mittwoch steht für Merz mit seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag eine wichtige Bewährungsprobe an. Die Erwartungen sind hoch, dass er endlich ein schlüssiges Gesamtkonzept präsentiert. Denn eines wird bereits jetzt deutlich: Mit bloßem Aktionismus und dem Relativieren von Wahlversprechen wird diese Regierung die drängenden Probleme unseres Landes nicht lösen können.
Die ersten Tage der Merz-Regierung zeigen einmal mehr, wie dringend Deutschland eine klare, verlässliche politische Führung bräuchte - eine Führung, die nicht nur vollmundige Versprechen macht, sondern auch das handwerkliche Können mitbringt, diese in praktische Politik umzusetzen. Davon scheint die neue Regierung noch weit entfernt zu sein.