Kettner Edelmetalle
04.06.2025
15:53 Uhr

Merz räumt auf: CDU-Rebell Kiesewetter fliegt aus Geheimdienstkontrolle

Die Machtdemonstration des neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz könnte deutlicher kaum ausfallen. Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter, bekannt für seine unbequemen Positionen und seine Kritik am Parteichef, verliert seinen prestigeträchtigen Posten im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr). Die Entscheidung, die laut Berichten der „taz" und der „Süddeutschen Zeitung" direkt auf Merz zurückgehen soll, sendet ein unmissverständliches Signal: Wer nicht spurte, fliegt raus.

Der Preis der Aufrichtigkeit

„Das ist der Preis, wenn man eine Haltung hat", kommentierte der 61-jährige Kiesewetter seine Absetzung mit bemerkenswerter Gelassenheit. Diese Worte könnten symptomatisch für den Zustand der deutschen Politik stehen, in der Rückgrat und eigene Überzeugungen offenbar zum Karrierehindernis werden. Der bisherige stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, das die Arbeit der deutschen Geheimdienste überwacht, hatte sich in der Vergangenheit wiederholt als parteiinterner Querdenker positioniert.

Besonders seine Äußerungen zur Russland-Politik, zur heiligen Kuh der Schuldenbremse und zum Umgang mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sorgten regelmäßig für Verstimmungen in der Parteizentrale. Der Höhepunkt seiner „Rebellion" war zweifellos seine Weigerung, gemeinsam mit der AfD für einen Unions-Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik zu stimmen. Stattdessen unterstützte er sogar einen Antrag für ein AfD-Verbot – ein Affront, den Merz offenbar nicht vergessen hat.

Strategische Rochade oder politische Säuberung?

Die Personalie wirft ein bezeichnendes Licht auf die neue Führungskultur unter Kanzler Merz. Während Kiesewetter auf eine Kampfkandidatur verzichtete, um „das wichtige Amt nicht zu beschädigen", zeigt sich die Parteiführung weniger zimperlich. Als Trostpflaster soll der geschasste Politiker nun Obmann der Union im Auswärtigen Ausschuss werden – eine Position, die zwar nicht unbedeutend ist, aber deutlich weniger Einfluss auf die sicherheitspolitischen Kernthemen des Landes bietet.

Seinen Platz im PKGr übernimmt Marc Henrichmann als Vorsitzender, neu hinzu kommt der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm. Beide gelten als linientreue Parteisoldaten, die vermutlich weniger Neigung zu unbequemen Fragen zeigen werden.

Opposition wird ausgedünnt

Parallel zur personellen Umbesetzung plant die neue Regierung eine bemerkenswerte Verkleinerung des Kontrollgremiums von 13 auf 9 Sitze. Diese Entscheidung wirft grundsätzliche Fragen zur demokratischen Kontrolle der Geheimdienste auf. Besonders brisant: Sowohl die Linke als auch die AfD hatten zuletzt keine Mehrheit für eine Wahl ins Gremium erhalten. Für die AfD zeichnet sich auch dieses Mal keine Unterstützung ab.

Der bisherige PKGr-Vorsitzende Konstantin von Notz von den Grünen kritisierte die reduzierte Oppositionspräsenz als problematisch – eine berechtigte Sorge angesichts der sensiblen Aufgaben des Gremiums. Die demokratische Kontrolle der Nachrichtendienste droht zur reinen Regierungsveranstaltung zu verkommen.

Ein Symptom für größere Probleme

Die Causa Kiesewetter offenbart ein grundlegendes Problem der deutschen Politik: Wer sich nicht dem Mainstream unterwirft, wer eigene Positionen vertritt und diese auch gegen den Parteivorsitzenden verteidigt, wird kaltgestellt. In Zeiten, in denen Deutschland vor gewaltigen Herausforderungen steht – von der Migrationskrise über die Wirtschaftsmisere bis zur Sicherheitspolitik – bräuchte es eigentlich mehr, nicht weniger kritische Stimmen.

Selbst die SPD zeigte sich überrascht von der Personalie. „Ich habe mit Roderich Kiesewetter immer gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet", erklärte SPD-Abgeordneter Dirk Wiese gegenüber der „taz". Wenn sogar die politische Konkurrenz die fachliche Kompetenz eines Abgeordneten würdigt, während die eigene Partei ihn abstraft, sagt das viel über die Prioritäten der neuen Regierung aus.

Die für kommende Woche geplante Wahl der neuen PKGr-Mitglieder im Bundestag wird damit zur Farce. Statt kompetenter Kontrolle der Geheimdienste droht ein zahnloses Gremium aus Ja-Sagern, das kritische Fragen scheut wie der Teufel das Weihwasser. In Zeiten, in denen die Bürger ohnehin das Vertrauen in die Politik verlieren, sendet diese Entscheidung ein fatales Signal: Loyalität schlägt Kompetenz, Linientreue triumphiert über Gewissen.

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