
Linken-Chefin attackiert Merz: "Ignoranz bei Ministerauswahl nicht zu überbieten"
Die Debatte um die Ministerauswahl des designierten Bundeskanzlers Friedrich Merz nimmt an Schärfe zu. Die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek übte scharfe Kritik an der personellen Zusammensetzung des künftigen Bundeskabinetts. "Genauso wie in ihrer Fraktion schafft es die Union auch im Kabinett nicht, die Gesellschaft abzubilden", wetterte Reichinnek gegenüber der Frankfurter Rundschau. Besonders die systematische Ausgrenzung von Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund und Ostdeutschen sei "an Ignoranz nicht zu überbieten".
Altkanzlerin Merkel mahnt zur Mäßigung
Während die Linke mit harter Kritik aufwartet, mahnt ausgerechnet Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Besonnenheit. In einem Interview am Rande des Evangelischen Kirchentags in Hannover wünschte sie ihrem Nachfolger Merz "viel Fortune und auch viel Kraft und gute Mitstreiter". Gleichzeitig warnte sie davor, die Rhetorik der AfD zu übernehmen. Die CDU sei dann am stärksten, wenn sie sich auf ihre drei Wurzeln - liberal, christlich-sozial und konservativ - besinne.
SPD vor personellem Umbruch
Auch bei der SPD stehen die Zeichen auf Veränderung. SPD-Chef Lars Klingbeil kündigte ein "starkes und kompetentes" Regierungsteam an, das sowohl auf Erfahrung als auch auf neue Gesichter setzen soll. Als sicher gilt bislang nur, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius sein Amt behalten wird. Für Arbeitsminister Hubertus Heil bedeutet der Regierungswechsel dagegen das Aus - er wird der neuen Bundesregierung nicht mehr angehören.
Gewerkschaften warnen vor Verschlechterungen
Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi nutzte die zentrale Maikundgebung in Chemnitz für deutliche Kritik an den Plänen der künftigen Koalition. Besonders die geplanten Änderungen am Arbeitszeitgesetz stoßen auf Widerstand: "Schluss mit dem Gequatsche, dass die Menschen blau machen, faul sind, dass sie einfach mehr arbeiten müssten", forderte Fahimi. "Wir wollen Acht-Stunden-Tag statt Hamsterrad."
Erste Personalentscheidungen im Außenministerium
Der designierte Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat unterdessen bereits erste wichtige Personalentscheidungen getroffen. Mit Géza Andreas von Geyr und Bernhard Kotsch werden zwei erfahrene Diplomaten als neue Staatssekretäre ins Auswärtige Amt einziehen. Die bisherigen Amtsinhaber Thomas Bagger und Susanne Baumann sollen künftig hochrangige Posten im Ausland übernehmen.
Die neue Bundesregierung steht vor gewaltigen Herausforderungen. Neben der angespannten wirtschaftlichen Lage und den internationalen Krisen wird vor allem die Zusammenarbeit zwischen CDU und SPD mit Spannung erwartet. Die ersten personellen Weichenstellungen deuten bereits darauf hin, dass beide Parteien einen klaren Führungsanspruch in ihren jeweiligen Ressorts erheben.
Am kommenden Dienstag soll Friedrich Merz im Bundestag zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. Der scheidende Kanzler Olaf Scholz hat bereits angekündigt, für seinen Nachfolger zu stimmen - ein bemerkenswertes Signal der Kooperationsbereitschaft über Parteigrenzen hinweg.