
Digitaler Euro: Handel hofft auf Befreiungsschlag gegen überteuerte Kartenzahlungen
Die Einführung des digitalen Euro könnte dem deutschen Einzelhandel endlich die lang ersehnte Entlastung von den überzogenen Gebühren der Kartenzahlungssysteme bringen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) unterstützt die Initiative der Europäischen Zentralbank grundsätzlich - allerdings nicht ohne deutliche Vorbehalte bezüglich der konkreten Ausgestaltung zu äußern.
Kartellbildung der Zahlungsdienstleister im Visier
Mit rund 20 Milliarden Transaktionen pro Jahr ist der deutsche Einzelhandel einer der wichtigsten Player im Zahlungsverkehr. Doch die Dominanz privater Anbieter wie Mastercard, Visa und Co. führt zu einer regelrechten Kostenexplosion bei den Händlern. Die quasi-monopolistische Marktstellung dieser Konzerne macht es für den Handel nahezu unmöglich, faire Konditionen auszuhandeln. Eine Situation, die der digitale Euro nun aufbrechen könnte.
Warnung vor versteckten Kostenfallen
Besonders kritisch sieht der HDE die geplante Übernahme des sogenannten Interchange-Modells aus dem Kreditkartengeschäft. Dieses System, bei dem Händler für jede Transaktion Gebühren an die Kundenbank zahlen müssen, hat sich als regelrechte Goldgrube für die Finanzindustrie erwiesen - auf Kosten des Handels und letztlich der Verbraucher. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth warnt eindringlich vor einem "Wettbewerb um die höchsten Entgelte".
Offline-Fähigkeit als Schlüssel zum Erfolg
Ein weiterer Knackpunkt ist die technische Umsetzung. Der Handel fordert nachdrücklich eine Offline-Funktionalität des digitalen Euro. Die Abhängigkeit von einer stabilen Internetverbindung, wie sie bei vielen aktuellen Zahlungssystemen besteht, könnte sich als Achillesferse erweisen. Auch eine Smartcard-Option für Kunden ohne Smartphone wird als unverzichtbar angesehen.
Keine Zwangsbeglückung durch Akzeptanzpflicht
Bemerkenswert kritisch positioniert sich der Handelsverband zur diskutierten Akzeptanzpflicht für unbare Zahlungsmittel. Eine solche Verpflichtung könnte paradoxerweise dazu führen, dass Händler sich komplett aus digitalen Zahlverfahren zurückziehen - ein Szenario, das angesichts der Kundenerwartungen allerdings wenig realistisch erscheint.
Fazit: Chance für mehr Wettbewerb
Der digitale Euro könnte tatsächlich eine historische Chance darstellen, die Vormachtstellung der etablierten Zahlungsdienstleister zu brechen und für mehr Wettbewerb zu sorgen. Voraussetzung dafür ist allerdings eine kluge Ausgestaltung, die die berechtigten Interessen des Handels berücksichtigt. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die politischen Entscheidungsträger den Mut haben, sich gegen die mächtige Finanzlobby durchzusetzen.
Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Jeder Leser ist für seine finanziellen Entscheidungen selbst verantwortlich und sollte sich gegebenenfalls professionelle Beratung einholen.