Digitale Spaltung in Berlin: Verteidigungsministerium zieht sich von X zurück - Kanzleramt bleibt stur
In einem bemerkenswerten Schritt, der die zunehmende Zersplitterung der Regierungskommunikation offenbart, hat das Bundesverteidigungsministerium seinen Rückzug von der Social-Media-Plattform X (ehemals Twitter) verkündet. Diese Entscheidung steht in krassem Gegensatz zur Position des Bundeskanzleramts, das weiterhin an der umstrittenen Plattform festhält - ein weiteres Beispiel für die fehlende Einigkeit innerhalb der Ampelkoalition.
Pistorius' Ministerium macht einen Rückzieher
Nach einer "internen Bewertung" verkündete das von SPD-Minister Boris Pistorius geführte Verteidigungsministerium am Mittwoch seinen Rückzug von X. Die offizielle Begründung klingt dabei wie ein diplomatischer Eiertanz: Der "sachliche Austausch von Argumenten" sei zunehmend erschwert worden. Ein Ministeriumssprecher ließ durchblicken, dass die hauseigenen Kommunikationsexperten "nicht allzu glücklich" über die jüngsten Entwicklungen auf der Plattform seien.
Kanzleramt demonstriert digitale Sturheit
Während das Verteidigungsministerium die Reißleine zieht, beharrt das Bundeskanzleramt auf seiner Position. Regierungssprecher Steffen Hebestreit verstrickte sich in gewohnt schwammigen Formulierungen von einer "schwierigen Abwägung" zwischen Präsenz und Umfeld. Diese Haltung wirft die Frage auf, ob das Kanzleramt die Zeichen der Zeit nicht erkennt oder schlichtweg ignoriert.
WhatsApp als neue Kommunikationsplattform
In einem durchaus progressiven Schritt plant das Verteidigungsministerium, künftig verstärkt auf einen WhatsApp-Kanal zu setzen. Dort sollen relevante Termine, ministerielle Entscheidungen und Neuigkeiten kommuniziert werden. Allerdings behält man sich vor, in "Ausnahmefällen" - etwa bei Desinformations-Kampagnen - weiterhin auf X zu reagieren.
Föderaler Widerstand wächst
Bemerkenswert ist die Entwicklung auf Länderebene: Der niedersächsische Landtag hat seine X-Aktivitäten bereits komplett eingestellt. Landtagspräsidentin Hanna Naber (SPD) kritisierte dabei offen die politische Agenda des Plattform-Eigentümers Elon Musk - eine Kritik, die das Kanzleramt offenbar nicht teilen möchte.
Die uneinheitliche Kommunikationsstrategie der Bundesregierung offenbart einmal mehr die tiefgreifenden Risse innerhalb der Ampelkoalition. Während einige Ministerien den Mut zur Veränderung zeigen, verharrt das Kanzleramt in digitaler Schockstarre.
Diese Entwicklung reiht sich nahtlos ein in die Serie von Kommunikationspannen und Unstimmigkeiten, die die aktuelle Regierung seit ihrem Amtsantritt begleiten. Die Frage nach einer kohärenten, zeitgemäßen Kommunikationsstrategie bleibt weiterhin unbeantwortet - zum Nachteil der Bürger, die auf verlässliche Informationen aus Regierungskreisen angewiesen sind.