Deutsche Aktienkultur im Rückwärtsgang: Anleger zeigen sich zunehmend risikoscheu
Die Entwicklung an den deutschen Kapitalmärkten zeigt einen besorgniserregenden Trend: Die Zahl der Aktionäre ist im Jahr 2024 erneut gesunken. Nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts (DAI) verfügten im vergangenen Jahr durchschnittlich 12,1 Millionen Bundesbürger über Aktien, Aktienfonds oder ETFs - ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Rekordjahr 2022, als noch fast 12,9 Millionen Deutsche am Aktienmarkt engagiert waren.
Deutsche Anleger zwischen Angst und Vernunft
Die traditionelle Risikoaversion der Deutschen scheint sich weiter zu verstärken. Eine aktuelle Kantar-Umfrage im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Banken offenbart ein erschreckendes Bild: Lediglich 19 Prozent der Befragten würden ein höheres Anlagerisiko in Kauf nehmen - ein dramatischer Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, als noch 33 Prozent diese Bereitschaft zeigten.
Vermögensaufbau auf dem Sparbuch - ein fataler Irrtum
Besonders bedenklich erscheint die Tatsache, dass die Deutschen weiterhin große Summen quasi unverzinst auf Girokonten oder niedrig verzinsten Tagesgeldkonten parken. Nach Berechnungen der DZ Bank liegen sage und schreibe 3.435 Milliarden Euro - mehr als ein Drittel des gesamten privaten Geldvermögens - als Bargeld oder Einlagen brach. Angesichts der anhaltend hohen Inflation bedeutet dies einen schleichenden Vermögensverlust für Millionen Sparer.
Aktienrente: Gescheiterte Chance für mehr Wohlstand
Die gescheiterte Einführung des sogenannten Generationenkapitals durch die Ampel-Koalition zeigt einmal mehr die verpassten Chancen deutscher Politik. Während andere Industrienationen wie Schweden, Kanada oder die USA längst auf kapitalgedeckte Rentensysteme mit Aktienkomponente setzen, verharrt Deutschland in überholten Strukturen.
Hoffnungsschimmer bei der jungen Generation
Ein positives Signal sendet immerhin die jüngere Generation: Bei den unter 40-Jährigen stieg die Zahl der Aktienanleger gegen den allgemeinen Trend um 150.000 auf 3,7 Millionen. Dies könnte als Indiz für ein wachsendes Bewusstsein der Notwendigkeit privater Altersvorsorge gewertet werden.
"Von einer Anlagekultur wie etwa in den USA sind wir in Deutschland noch weit entfernt", konstatiert Thomas Schaufler, Privatkundenvorstand der Commerzbank, die ernüchternde Situation.
Fazit: Dringender Handlungsbedarf für Politik und Gesellschaft
Die aktuellen Entwicklungen zeigen deutlich: Deutschland braucht dringend eine Neuausrichtung seiner Spar- und Vorsorgekultur. Die Politik ist gefordert, endlich die richtigen Rahmenbedingungen für eine breitere Aktienkultur zu schaffen. Nur so kann der zunehmenden Vermögenserosion durch Inflation effektiv begegnet und eine nachhaltige private Altersvorsorge ermöglicht werden.