Kettner Edelmetalle
17.07.2025
05:18 Uhr

Syrien am Scheideweg: Drusen zwischen den Fronten eines neuen Machtkampfes

Die Lage in Syrien spitzt sich dramatisch zu. Während der neue Interimspräsident Ahmed al-Sharaa vollmundig verspricht, die Rechte der drusischen Minderheit zu schützen, bombardiert Israel syrische Regierungsziele in Damaskus. Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer, das die ohnehin fragile Stabilität des Landes endgültig zu zerstören droht.

Leere Versprechen oder echter Schutz?

Al-Sharaa, der neue starke Mann in Damaskus, gibt sich kämpferisch: "Wir fürchten den Krieg nicht", tönte er in seiner ersten Fernsehansprache nach den israelischen Luftangriffen. Man habe sein Leben lang Herausforderungen gemeistert und das Volk verteidigt. Doch wie glaubwürdig sind diese Worte eines Mannes, dessen islamistisch geprägte Regierung von Israel als "kaum verhüllte Dschihadisten" bezeichnet wird?

Die Drusen, eine religiöse Minderheit mit Anhängern in Syrien, Libanon und Israel, befinden sich einmal mehr zwischen allen Stühlen. Während al-Sharaa behauptet, ihr Schutz sei "unsere Priorität", sieht die Realität vor Ort offenbar anders aus. Berichte über Vertreibungen, Plünderungen und brennende Häuser sprechen eine andere Sprache.

Israels militärische Machtdemonstration

Die israelischen Kampfjets, die am Mittwoch über Damaskus donnerten, hinterließen mehr als nur Rauchsäulen. Ein Teil des syrischen Verteidigungsministeriums liegt in Trümmern, Ziele nahe dem Präsidentenpalast wurden getroffen. Israels Botschaft ist unmissverständlich: Man werde nicht tatenlos zusehen, wie die Drusen im Süden Syriens angegriffen werden.

"Wir werden nicht zulassen, dass Südsyrien zu einer Terrorhochburg wird"

So formulierte es Eyal Zamir, Israels Militärchef, mit der für israelische Militärs typischen Direktheit. Doch was bedeutet diese Eskalation für die Region? Während die USA durch Außenminister Marco Rubio vermitteln und ein baldiges Ende der Kämpfe versprechen, scheint die Situation außer Kontrolle zu geraten.

Die menschliche Tragödie hinter den Zahlen

Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte spricht von 169 Toten in dieser Woche, Sicherheitsquellen gar von 300. Zahlen, die das Ausmaß der Katastrophe nur unzureichend wiedergeben. Besonders erschütternd: Dutzende israelische Drusen durchbrachen aus Verzweiflung den Grenzzaun, um ihren Verwandten auf syrischer Seite beizustehen.

Faez Shkeir, ein israelischer Druse, bringt die Verzweiflung auf den Punkt: "Meine Familie ist in Syrien - meine Frau ist in Syrien, meine Onkel sind aus Syrien. Ich mag es nicht, sie getötet zu sehen. Sie haben sie aus ihren Häusern vertrieben, sie haben ihre Häuser ausgeraubt und niedergebrannt, aber ich kann nichts tun."

Ein Land ohne Zukunft?

Syrien, einst stolze Wiege der Zivilisation, versinkt immer tiefer im Chaos. Al-Sharaa steht vor der schier unlösbaren Aufgabe, ein zerrissenes Land zusammenzuhalten. Die Massaker an Alawiten im März haben das Misstrauen gegenüber der islamistisch geprägten Führung nur verstärkt. Nun droht mit dem Drusen-Konflikt die nächste ethnisch-religiöse Bruchlinie aufzureißen.

Während der UN-Sicherheitsrat tagt und die internationale Gemeinschaft wieder einmal hilflos zusieht, stellt sich die Frage: Gibt es überhaupt noch eine Zukunft für ein geeintes Syrien? Oder erleben wir gerade die endgültige Zersplitterung eines Landes, das nach Jahren des Bürgerkriegs ohnehin nur noch auf dem Papier existiert?

Die Drusen jedenfalls scheinen wenig Vertrauen in al-Sharaas Schutzversprechen zu haben. Und wer könnte es ihnen verdenken? In einem Land, in dem Worte nichts mehr wert sind und nur noch Waffen zählen, bleibt Minderheiten oft nur die Wahl zwischen Flucht oder dem Schutz durch externe Mächte. Ein Teufelskreis, der Syrien immer tiefer in den Abgrund reißt.

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