Kettner Edelmetalle
27.08.2025
05:25 Uhr

SPD-Hinterzimmerpoker: Barley-Absage offenbart demokratisches Trauerspiel

Die deutsche Sozialdemokratie hat wieder einmal bewiesen, dass sie ihre Personalentscheidungen lieber im stillen Kämmerlein trifft, als den demokratischen Diskurs zu suchen. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch verkündete bei Markus Lanz mit bemerkenswerter Nonchalance, dass Katarina Barley nun doch nicht Bundesverfassungsrichterin werden solle. Die EU-Vizepräsidentin sehe ihre Zukunft weiterhin in Europa, so Miersch – als hätte man diese Erkenntnis nicht schon vor Wochen haben können.

Respekt einfordern, Transparenz verweigern

Besonders pikant wird die Angelegenheit, wenn man Mierschs Wortwahl genauer betrachtet. Der SPD-Fraktionschef bittet um "Respekt" und mahnt zu "seriösem Umgang" mit der Richterwahl, während er gleichzeitig zugibt, bereits eine neue Kandidatin in der Hinterhand zu haben. Diese werde jedoch "noch geheim gehalten". Man fragt sich unweigerlich: Respekt wofür? Für intransparente Kungeleien in den Hinterzimmern der Macht?

Die Dreistigkeit, mit der hier demokratische Prozesse ausgehebelt werden, ist atemberaubend. Miersch bestätigt ganz offen, dass man bereits "im engen Kontakt" mit Unions-Fraktionschef Jens Spahn stehe. Die Botschaft ist klar: Die Parteien haben sich längst geeinigt, bevor der Bundestag überhaupt die Chance zur Abstimmung erhält.

Das System der Postenschacherei

Was Miersch als "heikle Sache" bezeichnet, ist in Wahrheit ein Paradebeispiel für die Aushöhlung demokratischer Prinzipien. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit für die Wahl der Verfassungsrichter werde man schon hinbekommen – durch Absprachen mit Union, Grünen und Linken. Die einzige im Bundestag vertretene Partei, die bei diesen Gesprächen offenbar keine Rolle spielt, ist die AfD. So viel zur vielgepriesenen demokratischen Teilhabe aller gewählten Volksvertreter.

Besonders entlarvend ist Mierschs Aussage, man müsse "einiges aufarbeiten". Was genau aufgearbeitet werden muss, bleibt im Dunkeln. Vermutlich die Tatsache, dass die SPD mit ihren bisherigen Personalvorschlägen auf wenig Gegenliebe gestoßen ist. Statt jedoch einen offenen Dialog zu führen, zieht man sich in die bewährten Hinterzimmer zurück.

Barley – vom Hoffnungsträger zur Persona non grata

Die Kehrtwende bei Katarina Barley wirft Fragen auf. Noch vor wenigen Wochen galt sie als Top-Kandidatin für das prestigeträchtige Amt. Nun heißt es plötzlich, ihr Platz sei in Europa. Hat die SPD kalte Füße bekommen? Waren die Widerstände aus den Reihen der Union zu groß? Oder hat Barley selbst erkannt, dass ihre politischen Positionen – insbesondere ihre kritische Haltung zu konservativen Werten – sie für das Amt der Verfassungsrichterin disqualifizieren könnten?

Die Art und Weise, wie Miersch die Spekulationen um Nancy Faeser als mögliche Kandidatin abwürgt, spricht Bände. "Das bringt uns jetzt gar nicht weiter", sagt er und bittet erneut um den ominösen "Respekt". Respekt vor was? Vor einem System, das wichtige Personalentscheidungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit trifft?

Die Erosion demokratischer Standards

Was hier als normaler politischer Prozess verkauft wird, ist in Wahrheit ein Symptom für den schleichenden Verfall demokratischer Standards in Deutschland. Die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts – immerhin unsere höchste juristische Instanz – wird zum Gegenstand parteipolitischer Kungeleien degradiert. Statt die besten und unabhängigsten Juristen zu nominieren, geht es offenbar primär darum, wer wem welchen Gefallen schuldet.

Die Tatsache, dass die neue SPD-Kandidatin bereits feststeht, aber geheim gehalten wird, zeigt die Verachtung für demokratische Transparenz. Der Bundestag wird zum reinen Abnickgremium degradiert, das lediglich vollziehen darf, was in den Fraktionsspitzen längst ausgehandelt wurde.

Ein Blick in die Zukunft

Mierschs Versprechen, die Richterwahl werde im September "tatsächlich auch" geklärt, klingt wie blanker Hohn. Als ob es jemals Zweifel daran gegeben hätte, dass die etablierten Parteien ihre Kandidaten durchdrücken werden. Die Formulierung "tatsächlich auch" verrät mehr, als Miersch lieb sein dürfte – sie zeigt, dass selbst er die Farce erkennt, die hier aufgeführt wird.

Deutschland braucht dringend eine Rückkehr zu echten demokratischen Prozessen. Die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts sollte transparent, nachvollziehbar und unter Einbeziehung aller demokratisch gewählten Kräfte erfolgen. Stattdessen erleben wir ein unwürdiges Schauspiel aus Geheimniskrämerei und Hinterzimmerabsprachen. Es ist höchste Zeit, dass die Bürger diesem Treiben ein Ende setzen und Politiker wählen, die wieder für Deutschland und nicht für ihre eigenen Pfründe regieren.

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