
Spahns Kehrtwende: CDU-Fraktionschef will AfD-Politiker von Ausschussvorsitzen fernhalten
In einer bemerkenswerten Kehrtwende hat der designierte CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn seine Position zum Umgang mit der AfD im Parlament grundlegend revidiert. Noch vor wenigen Wochen hatte er sich für eine "Normalisierung" im parlamentarischen Umgang mit der AfD ausgesprochen - nun rudert er zurück und schließt eine Unterstützung von AfD-Kandidaten für Ausschussvorsitze kategorisch aus.
Verfassungsschutz-Gutachten als Wendepunkt
Der plötzliche Sinneswandel erfolgt im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Einstufung der gesamten AfD als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das brisante 1.100-Seiten-Gutachten, das bezeichnenderweise nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll, dient nun als willkommene Begründung für die neue Positionierung der Union.
Fragwürdiges Vorgehen der Innenministerin
Besonders pikant erscheint in diesem Zusammenhang das Vorgehen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Entgegen der offiziellen Ankündigung ihres eigenen Ministeriums verzichtete sie auf eine fachliche Prüfung des Gutachtens. Die vorgeschobene Begründung, man habe den Eindruck politischer Einflussnahme vermeiden wollen, wirkt dabei mehr als fadenscheinig. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass die scheidende Ministerin noch schnell vor ihrem Amtsende einen politischen Paukenschlag setzen wollte.
Verfassungsrechtler üben scharfe Kritik
Namhafte Verfassungsrechtler äußern erhebliche Bedenken an diesem Vorgehen. Der renommierte Experte Rupert Scholz bezeichnet die Einstufung unmissverständlich als "politische Aktion". Sein Kollege Volker Böhme-Neßler kritisiert insbesondere die Tatsache, dass ein tausendseitiges Gutachten als Begründung herangezogen wird, dieses aber unter Verschluss bleiben soll - ein Vorgehen, das er als unvereinbar mit rechtsstaatlichen Prinzipien einstuft.
Politisches Kalkül statt sachlicher Debatte?
Die zeitliche Abfolge der Ereignisse und das überstürzte Handeln der Innenministerin werfen die Frage auf, ob hier nicht politisches Kalkül über eine sachgerechte Auseinandersetzung gestellt wurde. Spahns prompte Reaktion und die vollständige Abkehr von seiner bisherigen Position erscheinen in diesem Licht als opportunistische Anpassung an die neue politische Großwetterlage.
Die Entwicklung zeigt einmal mehr, wie sehr der politische Diskurs in Deutschland von taktischen Überlegungen und kurzfristigen Effekthaschereien dominiert wird - zum Nachteil einer ernsthaften und differenzierten Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Herausforderungen unserer Demokratie.