Kettner Edelmetalle
04.09.2025
08:12 Uhr

Schwarz-Rot im Krisenmodus: Wenn "Neustart" zur Dauerschleife wird

Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD versucht es erneut mit einem Neuanfang. Nach nur wenigen Monaten im Amt klingt die Regierung Merz bereits wie ein Echo der gescheiterten Ampel-Koalition. Beim gestrigen Koalitionsausschuss präsentierten die Parteichefs demonstrative Einigkeit – doch hinter der Fassade fehlen konkrete Reformkonzepte für die drängenden Probleme des Landes.

Das Kennenlernen nach dem Regierungsstart

Es mutet schon befremdlich an, wenn Bundeskanzler Friedrich Merz nach Monaten im Amt einräumt, man habe sich erst jetzt richtig kennengelernt. Die Regierungsgeschäfte liefen offenbar "zulasten des persönlichen Kennenlernens", wie der CDU-Chef selbstkritisch eingesteht. Eine bemerkenswerte Aussage für eine Koalition, die eigentlich mit Erfahrung und Professionalität punkten wollte.

Der verpatzte Start liest sich wie eine Chronik des Scheiterns: Die gescheiterte Wahl neuer Verfassungsrichter, gebrochene Wahlversprechen beim Strompreis und öffentlicher Streit über die Bürgergeldreform. Kein Wunder, dass die Zufriedenheit mit der Regierung laut aktuellem ARD-Deutschlandtrend einen neuen Tiefpunkt erreicht hat.

Der "Herbst der Reformen" – mehr Ankündigung als Substanz

Vollmundig kündigt die Koalition nun einen "Herbst der Reformen" an. Doch was steckt dahinter? Die Bilanz, die Merz präsentiert – 50 von 62 Vorhaben seien auf den Weg gebracht – klingt nach Quantität statt Qualität. Die wirklich großen Brocken liegen noch vor der Regierung, und konkrete Lösungsansätze? Fehlanzeige.

"Wir sind zum Erfolg für unser Land verdammt", betont Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Eine bemerkenswerte Wortwahl, die eher nach Zwang als nach Überzeugung klingt.

Die Probleme des Landes sind dabei gewaltig: Die Wirtschaft stagniert, die Rentenkasse ächzt unter der demografischen Last, und die Ausgaben für Gesundheit und Pflege drohen zu explodieren. Finanzminister Lars Klingbeil hat für 2027 bereits eine Haushaltslücke von mindestens 30 Milliarden Euro ausgemacht, für das Folgejahr sogar 60 Milliarden.

Die Bürgergeld-Posse als Symptom

Besonders aufschlussreich ist der Umgang mit der Bürgergeldreform. Erst bezeichnet SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas die Sparpläne des Kanzlers als "Bullshit", dann einigt man sich plötzlich auf eine gemeinsame Linie. Bis Jahresende sollen Eckpunkte vorliegen – ein weiteres Versprechen in einer langen Reihe von Ankündigungen.

Merz will zehn Prozent beim Bürgergeld einsparen, das wären fünf Milliarden Euro. Doch statt einer grundlegenden Reform des Sozialstaats, die Leistung wieder belohnt und Anreize zur Arbeitsaufnahme schafft, droht erneut nur Flickschusterei.

Symbolpolitik statt Strukturreformen

Die angekündigten Gipfeltreffen für die Stahl- und Autoindustrie mögen gut gemeint sein, doch sie erinnern fatal an die Symbolpolitik vergangener Regierungen. Während US-Präsident Trump mit massiven Zöllen Fakten schafft und China systematisch den Weltmarkt erobert, veranstaltet Berlin Kaffeekränzchen.

Immerhin: Das geplante Investitionsbeschleunigungsgesetz könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein. Die gesamte Infrastruktur zum "überragenden öffentlichen Interesse" zu erklären, würde endlich die lähmenden Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzen. Doch auch hier bleibt abzuwarten, ob den Worten Taten folgen.

500 Milliarden Euro Sondervermögen – die nächste Schuldenfalle

Das angekündigte 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastruktur klingt nach dem nächsten Griff in die Trickkiste. Merz hatte versprochen, keine neuen Schulden zu machen – nun versteckt man sie elegant in Sondervermögen. Die kommenden Generationen werden die Zeche zahlen müssen, während die Inflation weiter steigt.

Die im Grundgesetz verankerte Klimaneutralität bis 2045 wird diese Schuldenspirale nur weiter antreiben. Statt auf marktwirtschaftliche Lösungen und technologischen Fortschritt zu setzen, verpflichtet sich Deutschland zu ideologiegetriebenen Zielen, deren Kosten niemand seriös beziffern kann.

Ein Fazit ohne Hoffnung?

Nach dem gestrigen Koalitionsausschuss bleibt ein schaler Nachgeschmack. Die große Koalition wirkt wie eine müde Neuauflage alter Fehler. Statt mutiger Reformen gibt es Ankündigungspolitik, statt Führungsstärke demonstrative Harmonie. Deutschland braucht keine Politiker, die sich erst nach Monaten im Amt kennenlernen müssen. Es braucht eine Regierung, die vom ersten Tag an weiß, wohin die Reise gehen soll.

Die Bürger haben ein Recht auf mehr als warme Worte und vage Versprechen. Sie verdienen eine Politik, die Probleme löst statt sie zu verwalten. Doch davon ist diese Koalition offenbar noch weit entfernt. Der "Herbst der Reformen" droht zu einem weiteren Herbst der Enttäuschungen zu werden.

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