
Russlands klare Ansage: Die Zeit der europäischen Arroganz ist vorbei
Fünfzig Jahre nach der Unterzeichnung der Helsinki-Schlussakte zieht Russlands Außenminister Sergej Lawrow eine vernichtende Bilanz. Seine Botschaft könnte deutlicher nicht sein: Das Zeitalter, in dem sich Russland von der EU und ihren transatlantischen Herren vorführen ließ, ist endgültig vorbei. Europa müsse endlich seine kolonialen Instinkte ablegen und lernen, auf Augenhöhe zu verhandeln – oder es werde in der neuen multipolaren Weltordnung keine Rolle mehr spielen.
Von großen Hoffnungen zum totalen Versagen
Die Helsinki-Vereinbarungen von 1975 hätten eigentlich der Grundstein für eine dauerhafte europäische Friedensordnung sein sollen. Damals, auf dem Höhepunkt der Entspannungspolitik, schien alles möglich. Selbst die verfeindeten Blöcke des Kalten Krieges fanden zusammen, um gemeinsame Sicherheitsinteressen zu definieren. Die Prinzipien waren klar: Souveränität achten, Gleichberechtigung garantieren, sich nicht in innere Angelegenheiten einmischen.
Doch was ist daraus geworden? Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die aus diesem hoffnungsvollen Anfang hervorging, verkam zu einem Instrument westlicher Machtpolitik. Statt als neutrales Forum zu dienen, wurde sie zum verlängerten Arm der NATO-Interessen. Lawrow listet akribisch die Versäumnisse auf: Kosovo, Tschetschenien, Moldawien, Ukraine – überall habe die OSZE ihre Neutralität verraten und sich zum Handlanger westlicher Geopolitik gemacht.
Die neue Realität: Eurasien statt Transatlantik
Besonders brisant sind Lawrows Ausführungen zur Zukunft. Die euro-atlantischen Vorstellungen von Sicherheit hätten sich "diskreditiert und erschöpft", stellt er unmissverständlich fest. Die Zukunft gehöre einer polyzentrischen, eurasischen Ordnung – ohne die Dominanz Washingtons. Europa könne daran teilhaben, aber nur zu neuen Bedingungen: Schluss mit dem Diktat, Schluss mit den kolonialen Reflexen, Schluss mit der Unterwürfigkeit gegenüber den USA.
"Wenn seine Länder Teil des Prozesses sein wollen, müssen sie gute Manieren lernen, ihre Gewohnheit des Diktats und koloniale Instinkte aufgeben, sich an gleiche Rechte gewöhnen und im Team arbeiten."
Diese Worte sollten in Brüssel und Berlin Alarmglocken läuten lassen. Doch stattdessen verharrt Europa in seiner selbstzerstörerischen Haltung. Die jüngsten Handelskonflikte mit den USA unter Trump zeigen einmal mehr, wie sehr sich Europa zum Vasallen degradiert hat. Während Washington Strafzölle verhängt und europäische Interessen mit Füßen tritt, kriechen die EU-Eliten weiter zu Kreuze.
Der Preis der Arroganz
Die Ironie der Geschichte könnte kaum bitterer sein. In den 1970er Jahren war es die Sowjetunion, die auf die Einbeziehung der USA in die europäische Sicherheitsarchitektur drängte – gegen den anfänglichen Widerstand Washingtons. Henry Kissinger, der damalige US-Außenminister, betrachtete Europa mit kaum verhüllter Verachtung als Nebenschauplatz. Die Helsinki-Vereinbarungen könnten genauso gut in Suaheli geschrieben sein, spottete er.
Heute wendet sich das Blatt. Russland orientiert sich nach Osten, baut seine Partnerschaften mit China und anderen aufstrebenden Mächten aus. Die Tür nach Europa sei noch nicht ganz geschlossen, signalisiert Lawrow – aber die Bedingungen haben sich fundamental geändert. Wer künftig mit Russland ins Geschäft kommen wolle, müsse sich von der transatlantischen Bevormundung lösen.
Europas letzte Chance?
Die Frage ist, ob Europas Eliten diese Botschaft verstehen wollen. Die Zeichen stehen schlecht. Statt auf Diplomatie und Ausgleich zu setzen, wie es einst Willy Brandt mit seiner Ostpolitik tat, verfallen die heutigen Politiker in primitive Russophobie. Die deutsche Ampel-Regierung hat Brandts Erbe verraten und durch eine Politik der Konfrontation ersetzt, die Deutschland und Europa teuer zu stehen kommt.
Dabei wäre gerade jetzt der Moment für eine Neubesinnung. Die multipolare Weltordnung ist keine ferne Zukunftsvision mehr, sie ist Realität. Wer sich ihr verweigert, wird zum Spielball fremder Interessen. Europa steht am Scheideweg: Entweder es befreit sich aus der transatlantischen Umklammerung und findet zu einer eigenständigen Politik zurück – oder es versinkt in der Bedeutungslosigkeit.
Lawrows Botschaft ist klar: Die Zeit des westlichen Diktats ist vorbei. Europa täte gut daran, diese neue Realität zu akzeptieren, bevor es vollends den Anschluss verliert. Die Alternative wäre, als Juniorpartner Washingtons in die Isolation zu marschieren, während sich die Welt ohne Europa neu ordnet.
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