
KI-Goldgrube auf dem Rücken moderner Tagelöhner: Wie Tech-Giganten ihre digitalen Sklaven ausbeuten
Die schöne neue Welt der Künstlichen Intelligenz hat ihre dunkle Kehrseite. Während Milliardäre wie Peter Thiel und Tech-Konzerne wie Meta, Google und OpenAI Rekordgewinne einfahren, schuften Zehntausende digitale Tagelöhner für Hungerlöhne. Ein erschütternder Blick hinter die Kulissen der KI-Revolution offenbart ein System moderner Ausbeutung, das selbst die schlimmsten Praktiken der Gig-Economy in den Schatten stellt.
Das Märchen vom KI-Fortschritt
Die Realität hinter den glänzenden Fassaden der Tech-Giganten ist ernüchternd. John aus Brighton, ein Doktorand der Literaturwissenschaft, wollte sich nur etwas dazuverdienen. Was er bei Outlier, einem der größten Player im KI-Training-Sektor, erlebte, gleicht einem modernen Arbeitsskandal. Für 15 Dollar pro Stunde – kaum mehr als der britische Mindestlohn – trainierte er die KI-Modelle der Tech-Elite. Doch von seinen 48 Arbeitsstunden wurden nur 36 bezahlt. Ein Viertel seiner Zeit verpuffte in unbezahlten Schulungen.
Diese Praktiken seien keine Ausnahme, sondern die Regel in einer Branche, die sich als Zukunftsmotor der Weltwirtschaft inszeniert. Über 200 befragte Gigworker aus vier Kontinenten berichten von systematischem Lohndiebstahl, unbezahlten Überstunden und Arbeitsbedingungen, die an digitale Leibeigenschaft erinnern.
Scale AI: Der 14-Milliarden-Dollar-Koloss auf tönernen Füßen
Hinter Outlier steht Scale AI, gegründet vom damaligen Tech-Wunderkind Alexandr Wang. Mit einer Bewertung von 14 Milliarden Dollar und Investoren wie Peter Thiel, Meta und Amazon gehört das Unternehmen zur Elite des Silicon Valley. Zu den Kunden zählen nicht nur Tech-Giganten wie Microsoft und OpenAI, sondern auch das Weiße Haus und das US-Militär.
"Wir zahlen einen existenzsichernden Lohn", prahlte Scale AI 2023 gegenüber Forbes. Die Realität sieht anders aus: Gigworker berichten von Stundenlöhnen, die nach Abzug unbezahlter Arbeitszeit bei 3,50 Euro in Portugal, unter 4,50 Euro in den USA und etwa 6 Euro in Deutschland liegen – weit unter den jeweiligen Mindestlöhnen.
Die perfide Mechanik der Ausbeutung
Das System funktioniert mit chirurgischer Präzision: Automatische Timer überwachen jede Sekunde der Arbeitszeit. Toilettenpausen werden abgezogen. Wer für eine Aufgabe länger braucht als vorgegeben, arbeitet entweder umsonst weiter oder verliert den Auftrag. Ein promovierter Lehrer aus den USA berichtete, wie er nach zwei Stunden Arbeit an einem Dokument leer ausging, weil das System kurz vor Ablauf der Zeit zwei angebliche Fehler anzeigte, von denen er nur einen finden konnte.
Die Soziologin Milagros Miceli vom Weizenbaum-Institut bezeichnet diese Praktiken als systematischen Lohndiebstahl. Doch die Gigworker hätten sich so sehr daran gewöhnt, dass sie es nicht einmal mehr als solchen wahrnähmen. "So ist das nun mal in der Gig Economy", sei die resignierte Haltung vieler Betroffener.
Digitale Tagelöhner im Hamsterrad
Besonders perfide: Die Arbeit kommt unregelmäßig und unvorhersehbar. Manche Gigworker bleiben die ganze Nacht wach, um sich Aufträge zu sichern, die gegen 1 Uhr nachts per E-Mail angekündigt werden. Wer morgens aufwacht, geht oft leer aus. Es ist die digitale Version des morgendlichen Gangs zum Werkstor – nur dass das Tor virtuell ist und die Konkurrenz global.
Ein Gigworker aus Indien arbeitete drei Tage lang jeweils fünf Stunden. Als er nach einer Woche immer noch auf die Auszahlung seiner mickrigen fünf Dollar wartete, sperrte Outlier kurzerhand sein Konto wegen angeblicher Richtlinienverstöße. Die aufgelaufenen 20 bis 30 Dollar sah er nie.
Die Profiteure des Systems
Während die Gigworker um jeden Cent kämpfen, schwimmen die Tech-Konzerne in Geld. Die wahren Nutznießer dieses ausbeuterischen Systems sind Unternehmen wie Google, Meta und OpenAI, die sich durch das Outsourcing an Firmen wie Outlier elegant aus der Verantwortung stehlen. Sie profitieren von der billigen Arbeitskraft, ohne sich um Arbeitsrechte, Sozialleistungen oder Mindestlöhne kümmern zu müssen.
Die Geheimhaltung ist dabei Programm: Projekte verstecken sich hinter Codenamen wie "Cabbage Patch" oder "Jellyfish Rubrics". Gigworker dürfen nicht einmal spekulieren, für welchen Tech-Giganten sie gerade schuften. Vertraulichkeitsvereinbarungen knebeln jeden Protest.
Der Widerstand formiert sich
Doch langsam regt sich Widerstand. In Kalifornien laufen bereits drei große Gerichtsverfahren gegen Scale AI. Die Kläger werfen dem Unternehmen Lohndiebstahl, Irreführung und Verstöße gegen Arbeitsgesetze vor. Die Vorwürfe decken sich exakt mit den Berichten der von uns befragten Gigworker.
Die EU-Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten könnte ein Hebel sein, um die Tech-Giganten zur Verantwortung zu ziehen. Deutsche Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten müssen Menschenrechtsstandards in ihrer gesamten Lieferkette sicherstellen – auch bei ausgelagerten KI-Dienstleistern.
Das falsche Versprechen der KI-Revolution
KI-Guru Marc Andreessen schwärmt davon, dass "KI die Welt retten wird" und prophezeit explodierende Produktivität, neue Jobs und steigenden Wohlstand. Die Realität der KI-Gigworker erzählt eine andere Geschichte: Sie erleben die schlimmsten Auswüchse des Hyperkapitalismus – Lohndumping, fehlende Sozialleistungen, systematische Rechtsverletzungen.
Der Soziologe Antonio Casilli bringt es auf den Punkt: "Die Gefahr besteht nicht darin, dass Roboter den Menschen die Arbeit wegnehmen, sondern darin, dass die Menschen für Roboter arbeiten müssen." Während die Tech-Elite von der KI-Revolution profitiert, bleiben für die digitalen Tagelöhner nur Brosamen.
Die schöne neue KI-Welt entpuppt sich als modernes Ausbeutungssystem, das auf dem Rücken verzweifelter Menschen aufgebaut ist. Alleinerziehende Mütter, Studenten, Arbeitslose – sie alle lassen sich auf diesen Teufelspakt ein, weil ihnen keine Alternative bleibt. Die versprochene Flexibilität ist dabei nichts als ein fauler Kompromiss: mehr Freiheit gegen weniger Sicherheit, mehr Selbstbestimmung gegen weniger Rechte.
Es ist höchste Zeit, dass die Politik diesem digitalen Raubtierkapitalismus Einhalt gebietet. Doch von der aktuellen Bundesregierung, die sich lieber mit Gendersternchen und Klimapanik beschäftigt, ist wenig zu erwarten. Während deutsche Politiker von der "Digitalisierung" schwärmen, schauen sie tatenlos zu, wie Tech-Konzerne ein Heer digitaler Sklaven aufbauen. Ein Armutszeugnis für ein Land, das einst für starke Arbeitnehmerrechte stand.
Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um die Meinung unserer Redaktion. Wir betreiben keine Anlageberatung. Jeder ist für seine Anlageentscheidungen selbst verantwortlich und sollte sich umfassend informieren.
- Themen:
- #Aktien