
Handyverbot an Schulen: Wenn Eltern plötzlich nach staatlicher Kontrolle rufen
Es ist schon bemerkenswert, wie schnell Eltern nach dem Staat rufen, wenn es darum geht, ihre eigene Erziehungsverantwortung abzugeben. Eine neue Umfrage der Postbank zeigt, dass satte 80 Prozent der Eltern ein Handyverbot an Schulen befürworten. Man könnte meinen, die Erziehungsberechtigten hätten plötzlich ihre Macht über den Nachwuchs verloren und bräuchten nun die Obrigkeit, um wieder Herr der Lage zu werden.
Die Kapitulation der Erziehung
Fast die Hälfte der befragten Eltern, genauer gesagt 49 Prozent, beklagen, dass Smartphones den Unterricht und die Konzentration ihrer Sprösslinge störten. Weitere 32 Prozent wollen zwar ein Verbot, aber bitte mit Ausnahmen – man möchte ja flexibel bleiben. Diese Zahlen offenbaren eine erschreckende Wahrheit: Viele Eltern haben offenbar kapituliert vor der digitalen Herausforderung und hoffen nun, dass der Staat die Kastanien aus dem Feuer holt.
Thomas Brosch, Leiter Digitalvertrieb der Postbank, bringt es auf den Punkt: Die Eltern wünschten sich "offiziell klare Regeln und Schutzräume". Mit anderen Worten: Sie fordern staatliche Intervention, weil sie selbst nicht in der Lage sind, ihren Kindern einen vernünftigen Umgang mit digitalen Medien beizubringen. Ist das nicht ein Armutszeugnis für die moderne Erziehung?
Lehrerverband warnt vor Verbotspolitik
Interessanterweise zeigt sich der Deutsche Lehrerverband deutlich reflektierter als die aufgeregten Eltern. Verbandspräsident Stefan Düll warnt vor einem absoluten Handyverbot und argumentiert, dass ein Verbot den heimlichen Gebrauch nur noch attraktiver mache. Er plädiert stattdessen für einen "kritisch-reflektierten Handy-Gebrauch" – ein Ansatz, der Eigenverantwortung und Medienkompetenz fördert, statt auf plumpe Verbote zu setzen.
Düll trifft einen wunden Punkt, wenn er darauf hinweist, dass Smartphones ein "hohes Ablenkungspotential" besäßen, "dem auch viele Erwachsene nicht immer gewachsen sind". Die Studie "Freizeit-Monitor 2025" bestätigt dies eindrucksvoll: Viele Deutsche – und damit auch viele Eltern – verbringen selbst übermäßig viel Zeit am Smartphone. Wer im Glashaus sitzt, sollte bekanntlich nicht mit Steinen werfen.
Der Ruf nach dem starken Staat
Was wir hier beobachten, ist symptomatisch für eine Gesellschaft, die zunehmend nach staatlicher Regulierung ruft, anstatt Eigenverantwortung zu übernehmen. Das Saarland hat bereits Fakten geschaffen und private Smartphones in den ersten vier Jahrgangsstufen verboten. Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern überlassen es den Schulen, eigene Regeln aufzustellen – immerhin ein Kompromiss zwischen zentralistischer Bevormundung und schulischer Autonomie.
Doch die eigentliche Frage bleibt unbeantwortet: Warum schaffen es Eltern nicht, ihren Kindern einen maßvollen Umgang mit digitalen Medien beizubringen? Warum braucht es staatliche Verbote für etwas, was eigentlich in der Familie geregelt werden sollte? Die Antwort ist unbequem: Weil viele Eltern selbst keine Vorbilder sind und lieber die Verantwortung abgeben, als sich der eigenen digitalen Sucht zu stellen.
Medienkompetenz statt Verbotspolitik
Der Lehrerverband hat recht, wenn er fordert, die Nutzung digitaler Medien gezielt anzuleiten. Kinder und Jugendliche müssen lernen, "digitale Medien und soziale Netzwerke angemessen und verantwortungsvoll zu nutzen", wie Düll es formuliert. Das gelingt nicht durch Verbote, sondern durch Bildung und Vorbildfunktion.
Es ist bezeichnend, dass die Umfrage zeigt, dass diese Einstellung keine Generationenfrage ist. Sowohl jüngere als auch ältere Eltern tendieren zu Verboten – ein Zeichen dafür, dass die digitale Überforderung generationenübergreifend ist. Statt jedoch die eigene Medienkompetenz zu hinterfragen und zu verbessern, wird der Ruf nach staatlicher Intervention laut.
Die Lösung kann nicht in immer mehr Verboten und Regulierungen liegen. Was wir brauchen, ist eine Rückbesinnung auf elterliche Verantwortung und die Vermittlung von Medienkompetenz – sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Alles andere ist nur ein Herumdoktern an Symptomen, während die eigentliche Krankheit – die digitale Unmündigkeit weiter Teile der Gesellschaft – unbehandelt bleibt.
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