Kettner Edelmetalle
03.09.2025
09:05 Uhr

Google entkommt der Zerschlagung – Ein Pyrrhussieg für Big Tech?

Die Entscheidung ist gefallen, und sie lässt aufhorchen: Ein US-Gericht hat die von der Biden-Administration angestrebte Zerschlagung des Tech-Giganten Google abgelehnt. Richter Amit Mehta urteilte in Washington, dass der Internetkonzern nicht gezwungen werden könne, sich von seinem Chrome-Browser und dem Android-Betriebssystem zu trennen. Die Regierung sei mit ihren Forderungen schlichtweg zu weit gegangen, so der Richter in seinem bemerkenswerten 230-Seiten-Urteil.

Ein fauler Kompromiss statt echter Regulierung

Was auf den ersten Blick wie eine Niederlage für die Kartellbehörden aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als typisch amerikanischer Regulierungsversuch: viel Lärm um nichts. Zwar untersagte das Gericht Google künftig exklusive Vereinbarungen für die Verbreitung seiner Dienste. Doch was bedeutet das in der Praxis? Der Suchmaschinenriese darf weiterhin Milliarden an Apple überweisen, damit die Google-Suche auf iPhones vorinstalliert bleibt. Auch Mozilla wird weiterhin von den üppigen Zahlungen profitieren können.

Die einzige Bedingung: Diese Deals dürfen nicht mehr exklusiv sein. Ein Schelm, wer dabei an Augenwischerei denkt. Denn welcher Konkurrent könnte es sich leisten, mit Googles Milliardenschecks zu konkurrieren? Die Marktmacht bleibt faktisch unangetastet, nur die juristische Verpackung ändert sich.

Europa zeigt, wie es besser geht

Während die USA an halbherzigen Lösungen basteln, hat die Europäische Union längst Fakten geschaffen. Browser-Nutzer werden hier explizit gefragt, welche Suchmaschine sie verwenden möchten – keine stillschweigenden Voreinstellungen, keine Bevormundung. Doch genau diesen Ansatz lehnte Richter Mehta für die USA ab. Man fragt sich unweigerlich: Wessen Interessen werden hier eigentlich geschützt?

Datenteilung als Feigenblatt

Immerhin muss Google künftig Teile seines Suchmaschinen-Index mit Konkurrenten wie Microsofts Bing oder DuckDuckGo teilen. Auch KI-Unternehmen wie OpenAI sollen von diesen Daten profitieren. Doch ist das wirklich der große Wurf? Google selbst äußerte bereits "Bedenken" bezüglich des Datenschutzes – eine bewährte Taktik, um unliebsame Auflagen zu verzögern oder zu verwässern.

Die Realität ist ernüchternd: Während die Politik von Regulierung spricht, festigt Big Tech seine Monopolstellung weiter. Google kontrolliert nicht nur die Suche im Internet, sondern mit Android auch das dominierende mobile Betriebssystem. Chrome ist der meistgenutzte Browser weltweit. Diese Machtkonzentration bleibt trotz des Urteils bestehen.

Ein Blick in die Zukunft

Google hat bereits angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Das bedeutet: Jahre weiterer Rechtsstreitigkeiten, während der Konzern ungehindert seine Marktmacht ausbaut. Die Geschichte lehrt uns, dass Tech-Giganten meist schneller wachsen, als die träge Justiz hinterherkommt.

Was bleibt, ist die bittere Erkenntnis, dass die amerikanische Regierung es nicht schafft, ihren eigenen Tech-Konzernen wirksame Grenzen zu setzen. Während man sich in Washington mit zahnlosen Kompromissen zufriedengibt, wächst die digitale Abhängigkeit der Bürger von einigen wenigen Konzernen weiter. Ein Zustand, der nicht nur wirtschaftlich, sondern auch demokratiepolitisch höchst bedenklich ist.

Die Entscheidung mag juristisch korrekt sein – politisch ist sie ein Armutszeugnis. In einer Zeit, in der digitale Souveränität zur Überlebensfrage wird, können wir es uns nicht leisten, die Kontrolle über unsere digitale Infrastruktur in den Händen einiger weniger Konzerne zu belassen. Europa hat das verstanden. Wann werden es die USA begreifen?

Wissenswertes zum Thema