Kettner Edelmetalle
23.07.2025
11:42 Uhr

Europäisches Kampfjet-Projekt FCAS: Französische Dominanzgelüste gefährden Verteidigungsfähigkeit

Das ambitionierte deutsch-französisch-spanische Kampfjetprojekt FCAS steht vor dem Kollaps – und wieder einmal zeigt sich, dass europäische Großprojekte an nationalen Egoismen zu scheitern drohen. Während Europa angesichts der russischen Bedrohung dringend seine Verteidigungsfähigkeit stärken müsste, zanken sich die Partner um Prozentanteile und Führungsrollen. Besonders pikant: Der französische Rüstungskonzern Dassault fordert plötzlich den Löwenanteil von bis zu 80 Prozent am Projekt – eine Frechheit sondergleichen.

Französische Arroganz trifft auf deutschen Widerstand

Was sich beim Luftfahrtsalon in Paris im Juni abspielte, war symptomatisch für die französische Verhandlungstaktik: Dassault-Chef Éric Trappier nutzte die öffentliche Bühne, um seine Dominanzansprüche zu zementieren. "Das Projekt braucht einen Chef", tönte er selbstbewusst vor laufenden Kameras. Übersetzung: Frankreich will das Sagen haben, Deutschland und Spanien sollen zahlen und kuschen.

Die deutsche Seite reagierte zu Recht empört. Michael Schöllhorn, Chef von Airbus Defense and Space, sprach diplomatisch vom "Aufeinanderprallen einer eher nationalen und einer eher europäischen Sicht". Klartext: Während Deutschland an einem echten europäischen Gemeinschaftsprojekt interessiert ist, verfolgt Frankreich knallhart nationale Industrieinteressen.

Historisches Déjà-vu: Dassault als notorischer Quertreiber

Wer sich die Geschichte europäischer Rüstungsprojekte anschaut, dem kommt das bekannt vor. Schon in den 1980er Jahren stieg Dassault aus der Entwicklung des Eurofighters aus – damals wie heute mit dem Argument, man könne es alleine besser. Diese Arroganz hat Tradition: Frankreich sieht sich als Grande Nation, die keine gleichberechtigten Partner braucht, sondern höchstens Juniorpartner duldet.

"Mit drei Ländern ist es sehr schwierig, ein Kampfflugzeug zu bauen", behauptete der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu vor dem Verteidigungsausschuss.

Eine bemerkenswerte Aussage, wenn man bedenkt, dass der Eurofighter erfolgreich von vier Nationen entwickelt wurde – allerdings ohne französische Beteiligung. Vielleicht liegt das Problem weniger an der Anzahl der Partner als vielmehr an der französischen Unfähigkeit zur gleichberechtigten Kooperation?

Deutsche Exportrichtlinien als Vorwand

Besonders dreist wird es, wenn Lecornu die deutschen Exportrichtlinien kritisiert. Frankreich wolle nicht jedes Mal den Bundestag fragen müssen, wenn es seine Waffen in Krisengebiete verkaufen will. Hier zeigt sich der fundamentale Unterschied: Während Deutschland aus historischer Verantwortung heraus restriktive Waffenexportregeln hat, verkauft Frankreich munter an jeden, der zahlt – moralische Bedenken sind da eher hinderlich.

Die wahren Motive hinter den französischen Forderungen

Hinter den vollmundigen Ankündigungen von mehr "Tempo und Effizienz" steckt knallhartes wirtschaftliches Kalkül. Dassault wittert das Geschäft des Jahrhunderts und will sich den größtmöglichen Teil des Kuchens sichern. Die atomare Abschreckung, die ab 2040 von den neuen Jets übernommen werden soll, dient dabei als willkommenes Druckmittel.

Der Airbus-Betriebsrat in München hat bereits angedeutet, dass Dassault möglicherweise nicht der richtige Partner sei. Dem ist nichts hinzuzufügen – außer der Frage, warum man überhaupt noch mit einem Partner verhandelt, der offensichtlich kein Interesse an einer gleichberechtigten Zusammenarbeit hat.

Merz und Macron müssen handeln

Jetzt liegt es an Bundeskanzler Friedrich Merz, beim Besuch von Emmanuel Macron in Berlin Klartext zu reden. Die neue Bundesregierung darf sich nicht von französischen Maximalforderungen erpressen lassen. Europa braucht eine starke Verteidigungsindustrie – aber nicht um den Preis deutscher Unterwürfigkeit.

Es wäre fatal, wenn das FCAS-Projekt scheitern würde. Noch fataler wäre es jedoch, wenn Deutschland sich zum Juniorpartner degradieren ließe. Die Zeiten, in denen deutsche Politiker aus falsch verstandener Europaromantik jeden französischen Wunsch erfüllten, sollten endgültig vorbei sein.

Zeit für einen Plan B

Sollten die Franzosen auf ihren überzogenen Forderungen beharren, muss Deutschland bereit sein, alternative Wege zu gehen. Eine verstärkte Kooperation mit Großbritannien beim Tempest-Projekt oder eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit den USA wären durchaus denkbare Optionen. Frankreich muss begreifen: Deutschland ist kein Bittsteller, sondern ein gleichberechtigter Partner – oder eben gar keiner.

Die Verteidigungsfähigkeit Europas darf nicht an französischen Befindlichkeiten scheitern. In Zeiten, in denen Russland seine imperiale Aggression fortsetzt und die USA unter Trump zunehmend auf "America First" setzen, kann sich Europa keine nationalen Eitelkeiten mehr leisten. Entweder wir schaffen es, wirklich europäisch zu denken und zu handeln – oder wir werden einzeln untergehen.

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