Kettner Edelmetalle
21.08.2025
07:13 Uhr

Europa soll zahlen, Amerika schaut zu: Trumps Ukraine-Strategie offenbart transatlantische Risse

Die Masken fallen. Was sich bereits seit Wochen abzeichnete, wird nun zur bitteren Gewissheit: Die USA unter Donald Trump wollen sich aus der Verantwortung für die Ukraine stehlen. Bei einem Treffen mit europäischen Verbündeten machte Elbridge Colby, Unterstaatssekretär für Verteidigungspolitik, unmissverständlich klar, dass Washington bei künftigen Sicherheitsgarantien für Kiew nur eine "minimale Rolle" spielen wolle. Die Europäer sollen gefälligst die Rechnung zahlen – und die Risiken tragen.

Vance lässt die Katze aus dem Sack

Noch deutlicher wurde US-Vizepräsident J.D. Vance gegenüber Fox News: "Ganz gleich, welche Form dies annimmt, die Europäer werden den Löwenanteil der Last übernehmen müssen." Man könnte es auch anders formulieren: Amerika first, Europa zahlt. Diese Haltung sorgt bei den NATO-Partnern für erhebliche Verstimmung. Ein beteiligter Beamter brachte die Frustration auf den Punkt: "Die USA verpflichten sich zu nichts vollständig."

Besonders brisant wird die Situation vor dem Hintergrund der massiven russischen Angriffe, die in der Nacht zum Donnerstag einen neuen Höhepunkt erreichten. Nach ukrainischen Angaben feuerte Russland 574 Drohnen und 40 Raketen ab – der heftigste Angriff seit Wochen. Während in Kiew und Lwiw die Sirenen heulten und Menschen in Schutzräumen ausharrten, diskutierten die Amerikaner in Washington über ihre "minimale Rolle".

Deutsche Politik im Schlingerkurs

Die deutsche Reaktion auf diese Entwicklung offenbart einmal mehr die Orientierungslosigkeit der Berliner Politik. Während Bundeskanzler Friedrich Merz in Washington offenbar die Entsendung deutscher Friedenstruppen als Option ins Spiel brachte, rudert sein Parteifreund Michael Kretschmer zurück. Der sächsische Ministerpräsident lehnt einen Bundeswehr-Einsatz kategorisch ab – und erhält dafür Unterstützung von unerwarteter Seite.

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht springt Kretschmer bei und warnt vor den historischen Implikationen deutscher Truppen in der Ukraine. Ihre Forderung nach einem Volksentscheid mag populistisch klingen, trifft aber einen wunden Punkt: Hat die Große Koalition das Mandat, deutsche Soldaten in einen möglichen Ukraine-Einsatz zu schicken?

Europas bittere Lektion

Die aktuelle Situation erinnert fatal an das Budapest-Memorandum von 1994. Damals verzichtete die Ukraine auf ihre Atomwaffen im Austausch für vage Sicherheitsversprechen. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko bringt es auf den Punkt: "Budapest-Memorandum? Wir können es Toilettenpapier nennen." Seine Warnung, denselben Fehler nicht zu wiederholen, sollte in Berlin und Brüssel Gehör finden.

Doch während Klitschko nach belastbaren Garantien ruft, zeigt sich die westliche Allianz zerstritten wie selten zuvor. Die Vertreter aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Finnland drängten die US-Seite vergeblich, konkrete Zusagen über Truppen und Luftstreitkräfte zu machen. Die Antwort aus Washington war ernüchternd: Trump schließt amerikanische Bodentruppen kategorisch aus, ist aber gnädigerweise bereit, "Luftunterstützung für europäische Truppen" bereitzustellen.

Die Rechnung ohne den Wirt

Diese amerikanische Haltung wirft fundamentale Fragen auf. Kann Europa allein die Sicherheit der Ukraine garantieren? Sind die europäischen Streitkräfte überhaupt in der Lage, eine glaubwürdige Abschreckung gegen Russland aufzubauen? Und vor allem: Wer soll das alles bezahlen?

Die Antwort der Ampel-Nachfolgeregierung unter Merz ist bezeichnend: Ein 500 Milliarden Euro Sondervermögen für Infrastruktur wurde aufgelegt, die Klimaneutralität bis 2045 im Grundgesetz verankert. Gleichzeitig fehlt es an einer klaren Strategie für die Ukraine-Frage. Stattdessen laviert man zwischen transatlantischer Loyalität und innenpolitischen Bedenken.

Zeit für europäische Eigenverantwortung

So bitter es klingen mag: Trumps Ukraine-Politik könnte Europa zwingen, endlich erwachsen zu werden. Jahrzehntelang hat man sich unter dem amerikanischen Sicherheitsschirm bequem eingerichtet. Nun zeigt sich, dass dieser Schirm Löcher hat – und Washington nicht gewillt ist, sie zu stopfen.

Die Frage ist nur, ob Europa bereit ist, diese Verantwortung zu übernehmen. Die bisherigen Signale stimmen wenig optimistisch. Während Ungarn sich als Vermittler andient und Polen eigene Flugzeuge zum Schutz des Luftraums aufsteigen lässt, fehlt es an einer koordinierten europäischen Strategie.

Eines ist sicher: Die Zeit der bequemen Illusionen ist vorbei. Europa muss sich entscheiden – entweder es übernimmt Verantwortung für seine eigene Sicherheit, oder es riskiert, dass Putins Expansionsdrang irgendwann vor der eigenen Haustür steht. Die Ukraine-Frage ist längst zur Schicksalsfrage für den gesamten Kontinent geworden.

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