
Die verlorene Mitte: Wie die Corona-Aufarbeitung zur Zerreißprobe für Kirche und Gesellschaft wurde
Ein bemerkenswertes Podium versammelte sich im Juni in Berlin: Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet diskutierte mit prominenten Corona-Kritikern über die Aufarbeitung der Pandemie-Jahre. Was als Versuch der Versöhnung gedacht war, offenbart die tiefen Risse, die durch unsere Gesellschaft gehen – und wirft ein grelles Licht auf das Versagen der politischen und kirchlichen Eliten.
Wenn die Mitte zum Extremismus neigt
Die Geschichte beginnt mit einem Skandal, der symptomatisch für den Zustand unserer Debattenkultur ist: Im November 2023 zog die Evangelische Verlagsanstalt ein bereits vier Monate erfolgreich verkauftes Buch zurück. "Angst, Politik, Zivilcourage" verschwand über Nacht aus den Regalen – ein Akt vorauseilender Selbstzensur, der in seiner Feigheit kaum zu überbieten ist. Die Begründung? Angeblich antisemitische Passagen und die Empfehlung "rechter" Medien. Die Wahrheit dürfte profaner sein: Man fürchtete sich davor, in die falsche Ecke gestellt zu werden.
Diese Episode zeigt, wie weit sich die selbsternannte "Mitte" von ihren eigenen Werten entfernt hat. Wer früher für Meinungsvielfalt und offenen Diskurs stand, praktiziert heute Cancel Culture im Namen der vermeintlich guten Sache. Die Ironie dabei: Gerade die Kirchen, die sich gerne als moralische Instanz gerieren, versagten in der Corona-Zeit auf ganzer Linie. Statt Trost und Zuversicht zu spenden, predigten sie "Impffrömmigkeit" und erhoben die Spritze zum Sakrament der Nächstenliebe.
Laschets späte Einsichten
Besonders aufschlussreich sind die Eingeständnisse Armin Laschets bei der Berliner Podiumsdiskussion. Der ehemalige Ministerpräsident gewährte seltene Einblicke in die chaotischen Entscheidungsprozesse vom März 2020. Seine Schilderung der Ministerpräsidentenkonferenz liest sich wie eine Satire auf politische Führung: Markus Söder kündigte eigenmächtig Schulschließungen an, die anderen folgten aus Angst vor schlechter Presse. "Gruppenzwang im Kanzleramt" – treffender könnte man das Versagen der politischen Elite kaum beschreiben.
Laschet räumte ein, dass 90 bis 95 Prozent der Medien sich als "Unterstützer des Staates" verstanden hätten. Eine vernichtende Bilanz für den Journalismus, der eigentlich als vierte Gewalt fungieren sollte. Stattdessen betätigte sich die Mehrheit der Schreiberlinge als Hofberichterstatter einer Politik, die Grundrechte mit Füßen trat und Andersdenkende zu Staatsfeinden erklärte.
Die Kirche als willfähriger Helfer
Besonders bitter ist das Versagen der Kirchen. Theologe Rochus Leonhardt spricht von einer "staatsfrommen Untertanenmentalität", mit der die Kirchen die Impfkampagne religiös überhöhten. Statt auf die biblische Botschaft "Fürchte dich nicht" zu verweisen, schürten sie die Angst und machten sich zu Handlangern einer Politik, die Menschen spaltete und ausgrenzte.
Der evangelische Pfarrer Thomas A. Seidel, einer der Herausgeber des neuen Buches "Angst, Glaube, Zivilcourage", beklagt, dass selbst der verstorbene Benediktiner-Abt Notker Wolf mit seinem kritischen Corona-Buch bei katholischen Verlagen auf Ablehnung stieß. Die Angst, in die "falsche" Gesellschaft zu geraten, lähmt offenbar noch immer die kirchlichen Institutionen.
Die neue Große Koalition und alte Fehler
Während die Aufarbeitung der Corona-Zeit weiterhin auf sich warten lässt, regiert in Berlin seit Mai 2025 eine Große Koalition unter Friedrich Merz. Der neue Bundeskanzler, der einst versprach, keine neuen Schulden zu machen, plant bereits ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen. Die Zeche werden kommende Generationen zahlen müssen – durch höhere Steuern und galoppierende Inflation.
Gleichzeitig eskaliert die Kriminalität in Deutschland auf ein Rekordniveau. Die zunehmenden Messerangriffe und Gewalttaten sind direkte Folgen einer verfehlten Migrationspolitik, die von der neuen Regierung fortgesetzt wird. Statt endlich durchzugreifen, setzt man weiter auf Beschwichtigung und ideologische Verblendung.
Der Extremismus der selbsternannten Mitte
Pastor Wichard von Heyden prägte den Begriff vom "Extremismus der Mitte" – eine treffende Diagnose für unsere Zeit. Nach den "alternativlosen" Grundrechtseinschränkungen der Corona-Jahre wenden sich immer mehr Menschen von der politischen Mitte ab. Wer kann es ihnen verdenken? Eine Politik, die Kritiker als "Covidioten" diffamierte und friedliche Demonstranten mit Wasserwerfern traktierte, hat jede moralische Autorität verspielt.
Die Suche nach der verlorenen Mitte, von der das neue Buch handelt, wird zur Sisyphusarbeit. Denn wie soll Versöhnung gelingen, wenn eine Seite nicht einmal bereit ist, ihre Fehler einzugestehen? Wenn Medien weiterhin schweigen statt aufzuklären? Wenn Kirchen lieber den Mächtigen nach dem Mund reden als ihrem eigentlichen Auftrag nachzukommen?
Ein Hoffnungsschimmer?
Immerhin: Das neue Buch und die Diskussion zeigen, dass es noch Menschen gibt, die den Mut zur Aufarbeitung haben. Prominente wie Christine Lieberknecht, Alexander Kissler und sogar der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier melden sich zu Wort. Papier erinnert daran, dass auch in Krisenzeiten der Rechtsstaat nicht ausgehebelt werden dürfe – eine Selbstverständlichkeit, die in Corona-Zeiten zur revolutionären Erkenntnis wurde.
Die Mediziner im Buch plädieren für eine ehrliche wissenschaftliche Aufarbeitung. Sie kritisieren die "Diskursverweigerung" und die unsachliche Polemik gegen Ungeimpfte. Auch das sind wichtige Stimmen, die gehört werden müssen.
Doch die Resonanz bleibt bislang überschaubar. Ein ehemaliger Ministerpräsident, der über Corona-Fehler spricht? Das interessiert den medialen Mainstream offenbar nicht. Lieber beschäftigt man sich mit Gendersternchen und Klimapanik als mit der größten Grundrechtskrise der Nachkriegszeit.
Die Aufarbeitung der Corona-Jahre wird kommen müssen – früher oder später. Die Frage ist nur, ob sie von oben verordnet oder von unten erzwungen wird. Die Geschichte lehrt uns: Gesellschaften, die ihre Traumata nicht aufarbeiten, sind dazu verdammt, sie zu wiederholen. Und das nächste Mal könnte es noch schlimmer kommen.
"Tief reichen noch immer die Wunden der Corona-Jahre und die Folgen können chronisch werden, wenn auf Angstreflexe und Verlogenheit das Schweigen folgt."
Diese Worte des Theologen Christian Lehnert sollten uns Mahnung sein. Die Wunden sind da, sie schmerzen noch immer. Nur eine ehrliche Aufarbeitung kann Heilung bringen. Doch dazu müssten die Verantwortlichen erst einmal von ihrem hohen Ross herabsteigen. Die Chancen dafür stehen schlecht – zu groß ist die Angst vor dem eigenen Versagen, zu bequem die Position der Macht.
Bleibt die Hoffnung auf die Zivilgesellschaft, auf mutige Menschen wie die Autoren dieses Buches. Sie zeigen: Es gibt sie noch, die vernünftigen Stimmen. Sie müssen nur endlich gehört werden. Denn eines ist sicher: Ohne Aufarbeitung keine Versöhnung. Und ohne Versöhnung keine Zukunft für unser gespaltenes Land.
- Themen:
- #CDU-CSU