Kettner Edelmetalle
02.06.2025
11:24 Uhr

Das Versagen der Personalauswahl: Wenn Kompetenz an Eitelkeiten scheitert

Die deutsche Wirtschaft steht vor einem paradoxen Problem: Während allerorten über den Fachkräftemangel geklagt wird, scheitern ausgerechnet die qualifiziertesten Bewerber immer häufiger an fragwürdigen Auswahlverfahren. Was sich hinter verschlossenen Türen der Personalabteilungen abspielt, offenbart ein System, das längst nicht mehr nach rationalen Kriterien funktioniert.

Bauchgefühl statt Kompetenz: Der neue Standard

Es sei ein offenes Geheimnis in der Branche, dass bei der Personalauswahl zunehmend subjektive Kriterien den Ausschlag gäben. Während Unternehmen nach außen hin von objektiven Bewertungsverfahren und strukturierten Interviews sprechen würden, sähe die Realität oft anders aus. Personaler würden sich vermehrt auf ihr "Bauchgefühl" verlassen – ein Euphemismus für Vorurteile und persönliche Präferenzen, die mit der eigentlichen Qualifikation des Kandidaten wenig zu tun hätten.

Diese Entwicklung sei besonders besorgniserregend, wenn man bedenke, dass gerade in Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen die besten Köpfe gebraucht würden. Stattdessen würden oft jene Kandidaten bevorzugt, die am besten in das bestehende Gefüge passen – Mittelmaß statt Innovation, Anpassung statt kritisches Denken.

Die fragwürdigen Methoden moderner Personalauswahl

Besonders kritisch zu betrachten seien die immer absurderen Auswahlmethoden, die in deutschen Unternehmen Einzug hielten. Von Persönlichkeitstests, die mehr über die Manipulationsfähigkeit des Bewerbers aussagen würden als über seine tatsächliche Eignung, bis hin zu Assessment-Centern, die eher einem Zirkus glichen als einem seriösen Bewertungsverfahren.

Ein erfahrener Personalberater, der anonym bleiben möchte, berichtete kürzlich von einem Fall, bei dem ein hochqualifizierter Ingenieur mit jahrzehntelanger Erfahrung abgelehnt wurde, weil er beim "Team-Building-Spiel" nicht enthusiastisch genug mitgemacht habe. Währenddessen sei ein deutlich weniger qualifizierter Kandidat eingestellt worden, der beim gleichen Spiel "Leadership-Qualitäten" gezeigt habe – indem er lautstark Anweisungen gab.

Der Typ Arbeitnehmer, der gewinnt

Es zeichne sich ein klares Muster ab: Erfolg hätten vor allem jene Bewerber, die das Spiel der sozialen Erwünschtheit perfekt beherrschten. Nicht Kompetenz oder Erfahrung würden zählen, sondern die Fähigkeit, sich optimal zu verkaufen. Diese Entwicklung führe zu einer gefährlichen Homogenisierung der Belegschaften – überall die gleichen stromlinienförmigen Charaktere, die zwar gut präsentieren könnten, aber selten wirklich innovative Impulse setzten.

Besonders fatal sei diese Entwicklung für ältere, erfahrene Fachkräfte. Sie würden systematisch aussortiert, nicht weil ihnen die Qualifikation fehle, sondern weil sie nicht in das jugendliche, dynamische Bild passten, das viele Unternehmen nach außen projizieren wollten. Ein volkswirtschaftlicher Wahnsinn, wenn man bedenke, welches Wissen und welche Erfahrung hier verschwendet würden.

Innovation im Auswahlprozess – aber richtig

Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, Auswahlverfahren zu modernisieren, ohne dabei die Substanz zu opfern. Strukturierte Interviews, die sich tatsächlich an den Anforderungen der Stelle orientierten, praktische Arbeitsproben statt abstrakter Persönlichkeitstests, und vor allem: eine ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Vorurteilen seitens der Personaler.

Doch stattdessen würden viele Unternehmen lieber auf den neuesten Trend aufspringen – sei es KI-gestützte Vorauswahl, die oft genug die falschen Parameter bewerte, oder Video-Interviews, bei denen die Körpersprache wichtiger sei als der Inhalt des Gesagten.

Ein System, das sich selbst schadet

Was diese Entwicklung über unser System verrate, sei erschreckend: Eine Wirtschaft, die sich mehr um Schein als um Sein kümmere, die lieber auf Mittelmaß setze als auf Exzellenz, und die dabei sei, ihre eigene Zukunftsfähigkeit zu verspielen. Während andere Länder gezielt die besten Talente anwürben, verschwendeten deutsche Unternehmen ihre Zeit mit Spielchen und Pseudo-Psychologie.

Es sei höchste Zeit für ein Umdenken. Unternehmen, die auch in Zukunft erfolgreich sein wollten, müssten sich von den fragwürdigen Trends der Personalauswahl verabschieden und wieder zu dem zurückkehren, was wirklich zähle: Kompetenz, Erfahrung und die Fähigkeit, einen echten Mehrwert zu schaffen. Alles andere sei nur teures Theater – auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.

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