Kettner Edelmetalle
31.08.2025
17:52 Uhr

Berliner Verkehrschaos: Wenn 720 Millionen Euro in den Sand gesetzt werden

Was passiert, wenn politische Eitelkeit auf verkehrstechnische Realität trifft? Berlin liefert gerade ein Paradebeispiel dafür, wie man mit viel Steuergeld ein Problem schaffen kann, das es vorher nicht gab. Der für sagenhafte 720 Millionen Euro errichtete 16. Bauabschnitt der A100 musste bereits am zweiten Tag nach seiner feierlichen Eröffnung wieder gesperrt werden – wegen Überlastung. Ein Treppenwitz der Verkehrsplanung, der symptomatisch für die deutsche Infrastrukturpolitik steht.

Die Chronik eines angekündigten Desasters

Verkehrsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin findet deutliche Worte für das, was sich da gerade in der Hauptstadt abspielt: Die Eröffnung des Bauabschnitts vor der Fertigstellung der Elsenbrücke sei "der verkehrspolitische Skandal schlechthin". Man müsse ernsthaft erwägen, den teuren Autobahnabschnitt wieder zu schließen, bis die Sanierung der Elsenbrücke abgeschlossen sei. Eine Forderung, die angesichts der verschwendeten Steuergelder wie blanker Hohn klingt, aber offenbar alternativlos erscheint.

Die Autobahn wirke wie ein Staubsauger, der den Verkehr förmlich ansauge und ein Problem schaffe, das es vorher nicht gegeben habe, so Knie weiter. Besonders brisant: Nach dem Ende der Sommerferien werde sich die ohnehin angespannte Situation dramatisch verschärfen. "Es wird zu heftigen Stauungen und dementsprechend auch Sperrungen kommen", prognostiziert der Experte.

Grüne Ideologie trifft auf harte Realität

Ausgerechnet Antje Kapek, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, springt Knie bei. Die Partei, die sonst gerne mit ideologischen Scheuklappen durch die Verkehrspolitik stolpert, hatte in diesem Fall tatsächlich recht: Monatelang hätten sie und andere vor genau diesem Chaos gewarnt. Ein Antrag auf eine Leistungsfähigkeitsanalyse sei abgelehnt worden – vermutlich wollte man sich die Eröffnungsfeier nicht verderben lassen.

Kapek nutzt die Gelegenheit natürlich gleich für ihre übliche Anti-Auto-Rhetorik: Der Vorfall beweise "sehr ausdrücklich, weshalb Autobahnausbau in der modernen Stadt keinen Sinn macht". Als ob das Problem hier der Autobahnbau an sich wäre und nicht die dilettantische Planung und Koordination. In anderen Metropolen würden Autobahnen abgerissen, schwärmt sie – verschweigt aber geflissentlich, dass diese Städte meist über funktionierende Alternativen verfügen, die Berlin schmerzlich fehlen.

Ein Tunnel wird zur Falle

Die Dramatik der Situation zeigt sich besonders im Detail: Am Freitag drohte ein mehrere Kilometer langer Stau in den Tunnel zwischen den Anschlussstellen Sonnenallee und Grenzallee hineinzuwachsen. Im Tunnel dürfe es zu keinem Verkehrsstillstand kommen, hieß es von der Verkehrsinformationszentrale – aus nachvollziehbaren Sicherheitsgründen. Die Ironie dabei: Eine Ampelanlage an der Ausfahrt am Treptower Park soll verhindern, dass zu viele Autos gleichzeitig in Alt-Treptow einfahren. Man schafft also künstliche Engpässe, um andere Engpässe zu vermeiden – ein Schildbürgerstreich erster Güte.

Das Schweigen der Verantwortlichen

Besonders bezeichnend ist das Verhalten der Autobahn GmbH des Bundes, die für Bau und Betrieb verantwortlich zeichnet. Auf Anfragen, ob eine Sperrung erwogen werde oder welche Maßnahmen zur kurzfristigen Verbesserung geplant seien, herrscht beredtes Schweigen. Man duckt sich weg, hofft vermutlich, dass sich das Problem von selbst löst – oder zumindest bis nach der nächsten Wahl.

Dabei wäre jetzt Schadensbegrenzung angesagt. Stattdessen erleben wir das übliche Muster deutscher Infrastrukturpolitik: Erst wird mit großem Tamtam und noch größerem Budget gebaut, dann stellt man fest, dass die Koordination mit anderen Baumaßnahmen vergessen wurde, und am Ende steht man vor einem Scherbenhaufen, für den niemand die Verantwortung übernehmen will.

Ein Lehrstück politischen Versagens

Was bleibt, ist ein bitterer Nachgeschmack. 720 Millionen Euro für einen Autobahnabschnitt, der möglicherweise wieder geschlossen werden muss – das ist selbst für deutsche Verhältnisse eine beachtliche Leistung. Während die Politik über Klimaneutralität und Verkehrswende philosophiert, scheitert sie an den grundlegendsten Aufgaben der Verkehrsplanung.

Die Berliner A100-Posse ist mehr als nur ein lokales Verkehrsproblem. Sie steht exemplarisch für eine Politik, die große Visionen verkündet, aber an der praktischen Umsetzung scheitert. Eine Politik, die lieber 500 Milliarden Euro Sondervermögen für nebulöse Zukunftsprojekte plant, als bestehende Infrastruktur vernünftig zu koordinieren. Und eine Politik, die den Bürgern immer neue Lasten aufbürdet, während sie deren Steuergelder mit beiden Händen zum Fenster hinauswirft.

Vielleicht sollte man in Berlin weniger über den Abriss von Autobahnen nachdenken und mehr darüber, wie man Bauprojekte so plant, dass sie am Ende auch funktionieren. Aber das wäre vermutlich zu viel verlangt von einer politischen Klasse, die sich lieber in ideologischen Grabenkämpfen verliert, als pragmatische Lösungen zu suchen. Die Leidtragenden sind wie immer die Bürger – die im Stau stehen und sich fragen, wofür sie eigentlich Steuern zahlen.

Wissenswertes zum Thema