
Trumps Zoll-Poker: Wenn deutsche Mittelständler die Zeche zahlen
Die Würfel sind gefallen, doch das Spiel ist alles andere als gewonnen. Während die EU-Spitzen ihre jüngste Einigung mit Washington als diplomatischen Erfolg verkaufen wollen, zeigt sich in den Produktionshallen deutscher Mittelständler die bittere Realität: Der vermeintliche "Deal" entpuppt sich als einseitiges Zugeständnis, das vor allem eines offenbart – die erschreckende Schwäche Europas gegenüber amerikanischen Machtspielchen.
Die Illusion vom fairen Handel
Tobias Weber, Geschäftsführer der Wörner Automatisierungstechnik im baden-württembergischen Denkendorf, bringt es auf den Punkt: "Ich empfinde es nicht als Erleichterung, dass die 30 Prozent nicht gekommen sind, denn das war eine reine Drohkulisse." Der Mittelständler mit 80 Mitarbeitern produziert unscheinbare Metallblöcke – Komponenten, ohne die in vielen Fabriken weltweit die Bänder stillstehen würden. Doch statt der erhofften Erleichterung brachten die Verhandlungen eine Verschlechterung: Der Zollsatz stieg von zehn auf 15 Prozent.
Was hier geschehen ist, gleicht einem Taschenspielertrick der übelsten Sorte. Trump drohte mit astronomischen Zöllen, nur um dann "großzügig" auf ein immer noch schädliches Niveau herunterzugehen. Und unsere EU-Verhandler? Sie applaudieren diesem Theater auch noch, als hätten sie einen großen Sieg errungen. In Wahrheit haben sie kapituliert – vor einem amerikanischen Präsidenten, der Verhandlungen führt wie ein Immobilienhai aus Queens.
Wenn Protektionismus ins Leere läuft
Die Ironie der Geschichte könnte kaum bitterer sein: Wörners Produkte haben in den USA keine Konkurrenz. Kein einziger amerikanischer Hersteller wird von diesen Zöllen profitieren, keine neuen Arbeitsplätze werden entstehen. Die einzigen, die zur Kasse gebeten werden, sind die amerikanischen Endkunden – und natürlich der deutsche Mittelstand, der zwischen den Mühlsteinen der Großmachtpolitik zerrieben wird.
"Die Rechnung der US-Regierung geht in unserem Fall nicht auf", konstatiert Weber nüchtern. Doch diese Erkenntnis hilft seinem Unternehmen wenig. Die wahren Konkurrenten sitzen in Asien, und plötzlich wird der Wettbewerb nicht mehr über Qualität oder Innovation entschieden, sondern über die Höhe der Zölle. Ein perverses System, das jegliche marktwirtschaftliche Logik auf den Kopf stellt.
Die Ohnmacht der EU
Webers Analyse trifft einen wunden Punkt: Die EU habe nicht hart genug verhandelt, vermutlich weil sie für ihre militärische Sicherheit zu sehr auf die USA angewiesen sei. Hier offenbart sich das ganze Dilemma europäischer Politik. Jahrzehntelang hat man sich unter dem amerikanischen Schutzschirm bequem eingerichtet, die eigene Verteidigungsfähigkeit vernachlässigt und sich in eine fatale Abhängigkeit begeben. Nun präsentiert Trump die Rechnung – und Europa kann nicht anders, als zu zahlen.
Die deutsche Bundesregierung unter Friedrich Merz mag sich mit konservativen Tönen schmücken, doch wenn es darauf ankommt, zeigt sich die alte Schwäche. Statt endlich eine eigenständige, selbstbewusste Politik zu betreiben, kuscht man vor Washington. Die Zeche zahlen wieder einmal die fleißigen Mittelständler, das Rückgrat unserer Wirtschaft.
Ein Blick in die düstere Zukunft
Besonders beunruhigend ist Webers Ausblick: Er habe auf Planungssicherheit gehofft, doch "jetzt haben wir beides nicht bekommen". Der Deal sei so einseitig ausgefallen, dass bereits jetzt Rufe nach Nachverhandlungen laut würden. Doch Weber ist Realist genug zu wissen, dass diese nur zu weiteren Verschlechterungen führen könnten. "Auf akzeptable Zölle hatte ich ja jetzt gehofft, für die Zukunft habe ich diese Hoffnung aufgegeben."
Diese Resignation eines erfolgreichen Unternehmers sollte uns alle alarmieren. Wenn selbst die Leistungsträger unserer Gesellschaft die Hoffnung verlieren, wenn sie nur noch versuchen, den Schaden zu begrenzen statt zu wachsen und zu investieren, dann läuft etwas fundamental schief. Die aktuelle Politik, geprägt von Schwäche nach außen und ideologischen Experimenten im Inneren, führt Deutschland und Europa in eine Sackgasse.
Zeit für einen Kurswechsel
Was wir brauchen, ist keine Politik der hohlen Phrasen und faulen Kompromisse, sondern eine, die deutsche und europäische Interessen konsequent vertritt. Eine Politik, die nicht vor jedem transatlantischen Windstoß einknickt, sondern auf Augenhöhe verhandelt. Dazu gehört auch der Mut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen: Europa muss militärisch eigenständiger werden, um nicht länger erpressbar zu sein. Und es muss seine wirtschaftliche Stärke endlich in politisches Gewicht ummünzen.
Die Geschichte von Wörner Automatisierungstechnik ist mehr als nur die eines einzelnen Unternehmens. Sie steht exemplarisch für die Herausforderungen, vor denen der deutsche Mittelstand steht – eingeklemmt zwischen amerikanischem Protektionismus, asiatischer Konkurrenz und einer EU, die ihre eigenen Interessen nicht durchzusetzen vermag. Es ist höchste Zeit, dass sich das ändert. Sonst werden noch viele Tobias Webers die Hoffnung aufgeben müssen.
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