
Trump-Effekt in Brasilien: Wenn Strafzölle plötzlich zu Dankbarkeit führen
Was für ein Schauspiel bietet sich derzeit in Brasilien: Während die einen US-Flaggen schwenken und dem amerikanischen Präsidenten für Strafzölle danken, verbrennen andere Trump-Puppen auf offener Straße. Die politische Spaltung des Landes könnte kaum deutlicher zutage treten als bei den jüngsten Massendemonstrationen, die das Land erschüttern.
Bolsonaro-Anhänger feiern Trumps Sanktionen
Tausende Unterstützer des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro gingen am Sonntag in mehreren Städten auf die Straße. Ihr Anliegen: Protest gegen die juristische Verfolgung ihres politischen Idols. Doch das Bemerkenswerte an diesen Demonstrationen war nicht nur ihre Größe, sondern vor allem die paradoxe Botschaft vieler Teilnehmer. Sie dankten ausgerechnet für etwas, was normalerweise als wirtschaftliche Katastrophe gilt: Strafzölle in Höhe von 50 Prozent.
Am berühmten Copacabana-Strand in Rio de Janeiro brachte es die 62-jährige Maristela dos Santos auf den Punkt: „Ich bin 100 Prozent einverstanden mit diesen Sanktionen." Eine Aussage, die in ihrer Absurdität kaum zu überbieten ist. Seit wann jubeln Bürger über Maßnahmen, die ihre eigene Wirtschaft treffen könnten?
Die juristische Schlinge zieht sich zu
Der Grund für diese scheinbar irrationale Haltung liegt in der dramatischen Situation Bolsonaros. Der 70-jährige Ex-Präsident steht unter Hausarrest, trägt eine elektronische Fußfessel und darf an Wochenenden sowie nachts sein Haus nicht verlassen. Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Gericht hatte diese Maßnahmen im Juli angeordnet.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Bolsonaro soll nach seiner Wahlniederlage 2022 einen Staatsstreich gegen seinen linksgerichteten Nachfolger Luiz Inácio Lula da Silva geplant haben. Für seine Anhänger ist das nichts als eine „Hexenjagd" – ein Begriff, den interessanterweise auch Trump verwendete, als er die Sanktionen gegen Brasilien verkündete.
Trumps Intervention: Solidarität unter Populisten
Die US-Regierung griff mit ungewöhnlicher Härte in den brasilianischen Rechtsstreit ein. Neben den drakonischen Strafzöllen verhängte sie persönliche Sanktionen gegen Richter Moraes, darunter ein Einreiseverbot in die USA. Trump sprach von einer „politisch motivierten Verfolgung" Bolsonaros – eine Rhetorik, die er aus eigener Erfahrung nur zu gut kennt.
Diese transatlantische Solidarität unter Populisten zeigt, wie sehr sich die politischen Landschaften weltweit verschieben. Konservative Kräfte vernetzen sich international und nutzen wirtschaftlichen Druck als politisches Instrument. Dass dabei die eigene Bevölkerung möglicherweise unter den Konsequenzen leidet, scheint zweitrangig.
Ein gespaltenes Land
Die Reaktionen in Brasilien könnten gegensätzlicher nicht sein. Während Bolsonaro-Anhänger Trump als Retter feiern, gingen am Freitag Gegendemonstranten auf die Straße. Sie verbrannten symbolisch US-Flaggen und falsche Dollarscheine – ein deutliches Zeichen gegen die amerikanische Einmischung.
Richter Moraes selbst zeigte sich unbeeindruckt: „Ich werde die verhängten Sanktionen ignorieren und weiterarbeiten", ließ er verlauten. Eine mutige Ansage angesichts des internationalen Drucks.
Was bleibt, ist ein tief gespaltenes Land, in dem die politischen Gräben immer tiefer werden. Die Tatsache, dass Teile der Bevölkerung wirtschaftliche Sanktionen gegen das eigene Land begrüßen, zeigt, wie weit die Polarisierung fortgeschritten ist. Es erinnert fatal an die Zustände in anderen Ländern, wo ideologische Grabenkämpfe rationales Denken längst verdrängt haben.
Die Demonstrantin Valdeciria Galvão aus Brasília sprach von „Zensur und willkürlich agierenden Richtern". Ob diese Vorwürfe berechtigt sind oder nicht – die Tatsache, dass ausländische Mächte sich einmischen und wirtschaftlichen Druck ausüben, sollte eigentlich jeden Patrioten alarmieren. Doch in Zeiten, in denen politische Loyalität über nationalen Interessen steht, gelten offenbar andere Regeln.
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