Kettner Edelmetalle
27.06.2025
21:50 Uhr

SPD-Parteitag: Klingbeils Machtspiele werden abgestraft - Bas triumphiert mit 95 Prozent

Die Quittung für seine rigorosen Machtspiele kam prompt: SPD-Vizekanzler Lars Klingbeil musste auf dem Berliner Parteitag eine demütigende Abstrafung hinnehmen. Mit mageren 64,9 Prozent schrammte er nur knapp am schlechtesten Ergebnis in der Geschichte der SPD-Vorsitzwahlen vorbei. Ein vernichtendes Urteil der eigenen Basis über einen Mann, der nach dem historischen Wahldebakel im Februar nicht etwa Verantwortung übernahm, sondern stattdessen nach noch mehr Macht griff.

Die Rache der Basis

Während sich die Delegierten in der Aussprache noch zurückhielten, ließen sie bei der geheimen Abstimmung ihrem Unmut freien Lauf. Das Ergebnis spricht Bände: Nur Oskar Lafontaine hatte 1995 mit 62,6 Prozent noch weniger Zustimmung erhalten - allerdings mit einem Gegenkandidaten. Klingbeil hingegen trat ohne Konkurrenz an und kassierte trotzdem diese schallende Ohrfeige.

"Das Ergebnis ist für mich ein schweres Ergebnis", musste der sichtlich getroffene Vizekanzler einräumen. Doch statt echte Selbstkritik zu üben, verteidigte er seine umstrittenen Personalentscheidungen: "Es war richtig, dass wir uns neu aufgestellt haben." Eine bemerkenswerte Realitätsverweigerung angesichts des Vertrauensverlusts in der eigenen Partei.

Bas als strahlende Siegerin

Ganz anders das Bild bei Bärbel Bas: Die neue Co-Vorsitzende erhielt mit 95 Prozent ein triumphales Ergebnis. Die 57-jährige Arbeitsministerin hatte die Delegierten mit einer mitreißenden Rede begeistert und dabei auch deutliche Kritik am innerparteilichen Umgang geübt. Besonders ihre Solidaritätsbekundung für die abservierte Saskia Esken traf einen Nerv: "Wenn die SPD für eine solidarische Gesellschaft kämpfen wolle, müsse sie zuallererst eine solidarische Partei sein. Sonst glaubt uns das keiner!"

"Die Art, wie Häme über mich ausgekübelt worden ist, war unverhältnismäßig und würdelos"

So beschrieb Esken selbst ihre Erfahrungen der letzten Monate. Ein vernichtendes Zeugnis für die Parteikultur unter Klingbeils Führung.

Machtkalkül statt Verantwortung

Klingbeils Verhalten nach der Wahlniederlage offenbart ein fragwürdiges Politikverständnis. Statt nach dem historisch schlechten Ergebnis von 16,4 Prozent zurückzutreten, wie es in solchen Situationen üblich wäre, griff er nach der Macht. Er machte sich zum Hauptansprechpartner für Kanzler Merz bei den Koalitionsverhandlungen und sicherte sich das mächtige Finanzministerium.

Seine Rechtfertigung klingt hohl: Er habe "nicht aus Selbstzweck" gehandelt, sondern um die Partei wieder stark zu machen. Doch die Basis durchschaute dieses durchsichtige Manöver und strafte ihn entsprechend ab. Am Ende war sein Ergebnis das schlechteste des gesamten Abends - schlechter als das aller stellvertretenden Parteivorsitzenden.

Die SPD sucht ihre Seele

Der ehemalige Arbeitsminister Hubertus Heil, der im Personalkarussell leer ausging, sprach aus, was viele denken: Die SPD sei "zu langweilig" geworden. Seine Mahnung, "Streit in der Sache nicht mit autoaggressiver Selbstzerfleischung" zu verwechseln, wirkt angesichts der aktuellen Entwicklungen wie blanker Hohn.

Besonders brisant wurde es beim Thema Russlandpolitik. Während Verteidigungsminister Boris Pistorius - übrigens der beliebteste Sozialdemokrat im Land - eine klare Linie gegen Putin vertrat, forderten andere wie Ralf Stegner eine Abkehr von der "wahnsinnigen Aufrüstung". Die auffällig schwachen Applausbekundungen für Stegners Position zeigten, wohin die Reise geht.

Eine Partei am Scheideweg

Mit Bas an der Spitze will die SPD wieder zur "Partei der Arbeit" werden. Doch ob dieser Kurswechsel gelingt, während Klingbeil mit seinem angeschlagenen Standing als Vizekanzler agiert, bleibt fraglich. Die Delegierten haben ein deutliches Signal gesendet: So wie bisher kann es nicht weitergehen.

Die SPD steht vor der Herausforderung, ihre inneren Widersprüche zu überwinden. Zwischen Machtpolitik und Basisdemokratie, zwischen Aufrüstung und Friedenssehnsucht, zwischen Personalintrigen und solidarischem Miteinander. Der Parteitag hat gezeigt: Die Basis ist nicht mehr bereit, jeden Machtkurs mitzutragen. Ein Hoffnungsschimmer in Zeiten, in denen authentische Politik immer seltener wird.

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