Kettner Edelmetalle
03.09.2025
09:53 Uhr

Merz bezeichnet Putin als "schwersten Kriegsverbrecher unserer Zeit" - Harte Worte ohne harte Taten?

In einem bemerkenswerten Interview mit ProSiebenSat1 hat Bundeskanzler Friedrich Merz den russischen Präsidenten Wladimir Putin als "den vielleicht schwersten Kriegsverbrecher unserer Zeit" bezeichnet. Diese ungewöhnlich scharfe Rhetorik wirft die Frage auf: Folgen den markigen Worten endlich auch entschlossene Taten, oder bleibt es bei der üblichen politischen Symbolik?

Zwischen Worten und Wirklichkeit

Während Merz betont, dass "Nachgiebigkeit fehl am Platz" sei und er "keine Veranlassung" habe, Putin "an irgendeiner Stelle Glauben zu schenken", erzielt die russische Armee in der Ukraine weiterhin Geländegewinne. Der Kanzler räumt selbst ein, dass Putin derzeit "überhaupt keinen Grund" sehe, sich einem Waffenstillstand zu nähern. Im Gegenteil: Auf diplomatischer Ebene erfahre der Kremlchef wieder größere internationale Anerkennung.

Die Lösung, die Merz präsentiert, klingt theoretisch durchdacht: Eine "ökonomische Erschöpfung" Russlands solle herbeigeführt werden, etwa durch Zölle auf Länder, die weiterhin mit Moskau Handel treiben. Doch die Realität zeigt: Trotz aller bisherigen Sanktionen läuft Putins Kriegsmaschinerie unvermindert weiter. Die Frage drängt sich auf, ob die deutsche Politik nicht endlich von ihrer Komfortzone der moralischen Empörung zu wirksameren Maßnahmen übergehen müsste.

Trumps Ernüchterung - Ein Wendepunkt?

Interessanterweise zeigt sich auch US-Präsident Donald Trump "sehr enttäuscht" von Putin. Nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten in Alaska im August hatte Trump noch optimistisch ein Treffen zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Aussicht gestellt. Dass daraus nichts wurde, überrascht nur diejenigen, die Putins Strategie noch immer nicht verstanden haben.

"Ich bin sehr enttäuscht von Präsident Putin, das kann ich sagen, und wir werden etwas tun, um den Menschen zu helfen, zu leben"

Trumps vage Ankündigung, "etwas zu tun", lässt allerdings befürchten, dass auch die amerikanische Politik weiterhin mehr auf Rhetorik als auf durchschlagende Maßnahmen setzt. Die Menschen in der Ukraine, die nachts vor russischen Luftangriffen in Schutzräume flüchten müssen, haben von wohlfeilen Worten jedenfalls wenig.

Die bittere Realität des Kriegsalltags

Während Politiker in klimatisierten Büros über "ökonomische Erschöpfung" philosophieren, sieht die Realität in der Ukraine düster aus. In der Nacht musste die ukrainische Luftabwehr erneut russische Angriffe auf Kiew abwehren. "Bleiben Sie in den Schutzräumen, bis Entwarnung gegeben wird!", lautete die Warnung der Militärverwaltung - ein Satz, der zur grausamen Routine geworden ist.

Die Diskrepanz zwischen der politischen Rhetorik und der militärischen Wirklichkeit könnte kaum größer sein. Während Merz Putin als Kriegsverbrecher brandmarkt, fehlen konkrete Schritte, die über die bisherigen, offensichtlich unzureichenden Sanktionen hinausgehen. Die viel beschworene "Zeitenwende" entpuppt sich zunehmend als Worthülse.

Was wäre wirklich nötig?

Statt weiterer verbaler Eskalation bräuchte es endlich eine ehrliche Bestandsaufnahme: Die bisherige Strategie des Westens ist gescheitert. Putin fühlt sich nicht nur nicht unter Druck gesetzt, er erzielt sogar militärische Erfolge und gewinnt international wieder an Boden. Die von Merz angesprochenen Zölle auf Drittstaaten mögen ein Anfang sein, doch sie werden kaum ausreichen, um Putins Kriegswirtschaft ernsthaft zu gefährden.

Es rächt sich nun, dass Deutschland und Europa jahrzehntelang eine naive Russlandpolitik betrieben haben. Die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen, die Vernachlässigung der eigenen Verteidigungsfähigkeit und die Illusion, Putin durch wirtschaftliche Verflechtung zähmen zu können - all das erweist sich nun als fataler Irrtum.

Merz' scharfe Worte mögen innenpolitisch Punkte bringen, doch sie ändern nichts an der Tatsache, dass der Westen weiterhin keine überzeugende Strategie hat, um Putins Aggression zu stoppen. Solange sich das nicht ändert, werden die Menschen in der Ukraine weiterhin den Preis für unsere politische Hilflosigkeit zahlen müssen.

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