
Merz' Außenpolitik-Träumereien: Wenn die Welt einfach wegschaut
Die Ernüchterung könnte kaum größer sein. Da steht unser frisch gebackener Bundeskanzler Friedrich Merz vor dem Deutschen Bundestag, verkündet vollmundig Deutschlands Rückkehr auf die Weltbühne – und draußen in der Welt? Gähnende Leere. Der ehemalige Tagesschau-Sprecher Constantin Schreiber hat bei Sandra Maischberger schonungslos offengelegt, was viele bereits ahnten: Die großspurigen Ankündigungen des CDU-Kanzlers verhallen ungehört in der internationalen Arena.
Das peinliche Echo der Stille
Schreibers Vergleich trifft ins Schwarze: Merz gleiche einem Mann vor dem Spiegel, der sich selbst seiner Bedeutung versichere und sich freue, dass ihm das Ebenbild zustimme. Treffender könnte man die Selbstüberschätzung der neuen Bundesregierung kaum beschreiben. Während Merz in seiner Regierungserklärung davon schwadronierte, Deutschland sei "wieder zurück auf der europäischen und internationalen Bühne", suchte Schreiber vergeblich nach internationalen Reaktionen.
Die Realität ist ernüchternd: Weder in arabischen noch in englischsprachigen Medien fand die mit großem Tamtam inszenierte Regierungserklärung nennenswerte Beachtung. "Von dieser Rede habe keiner Notiz genommen", stellte der Nahost-Experte trocken fest. Ein vernichtenderes Urteil über die außenpolitische Relevanz der neuen deutschen Regierung ist kaum vorstellbar.
Die Merkel-Nostalgie der Welt
Besonders pikant wird es, wenn Schreiber von seinem Gespräch mit einem ägyptischen Kollegen berichtet. Auf die Frage, wer denn Regierungschef in Deutschland sei, kam prompt die Antwort: "Angela Merkel." Weder der glücklose Olaf Scholz noch der ambitionierte Friedrich Merz seien international bislang nennenswert wahrgenommen worden. Das sitzt.
"Mir kommt das so ein bisschen vor, als steht jemand vor dem Spiegel und sagt, wie wichtig er ist und freut sich, dass das Spiegelbild es auch so sieht"
Diese beißende Analyse Schreibers entlarvt die Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung der deutschen Politik. Während Merz von "alter Stärke" faselt und die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Streitmacht Europas ausbauen will, fragt sich die Welt: Wer ist dieser Mann überhaupt?
Großmannssucht statt Realpolitik
Die vollmundigen Ankündigungen des Kanzlers – von der Stationierung einer Brigade in Litauen bis zur Stärkung der NATO-Ostflanke – mögen innenpolitisch nach Tatendrang klingen. Doch was nützen die schönsten Pläne, wenn niemand zuhört? Merz' Behauptung, die "neue Entschlossenheit Deutschlands" werde "in der Welt registriert und von den Partnern begrüßt", wirkt vor diesem Hintergrund geradezu grotesk.
Besonders bemerkenswert: Noch bevor der NATO-Gipfel überhaupt begonnen hat, bezeichnet ihn der Kanzler bereits als "historisch". Diese vorauseilende Selbstbeweihräucherung offenbart ein grundlegendes Problem der neuen Regierung: Sie verwechselt Wunschdenken mit Wirklichkeit.
Die bittere Wahrheit über Deutschlands Bedeutung
Was Schreiber hier aufdeckt, ist symptomatisch für ein tieferliegendes Problem. Deutschland hat in den vergangenen Jahren massiv an internationalem Ansehen verloren. Die desaströse Energiepolitik, die gescheiterte Migrationspolitik, die wirtschaftliche Stagnation – all das hat Spuren hinterlassen. Während Merz von "Stärke und Verlässlichkeit nach innen und nach außen" träumt, sieht die Realität anders aus: Ein Land, das mit sich selbst beschäftigt ist und dessen Stimme international kaum noch Gewicht hat.
Die Tatsache, dass ein ägyptischer Journalist immer noch Angela Merkel für die deutsche Regierungschefin hält, spricht Bände. Es zeigt nicht nur die mangelnde internationale Präsenz der aktuellen deutschen Politik, sondern auch, wie sehr Deutschland von der Substanz vergangener Zeiten zehrt – einer Substanz, die rapide schwindet.
Vielleicht sollte sich die neue Große Koalition weniger mit großspurigen Ankündigungen und mehr mit echter Substanz beschäftigen. Denn eines hat Constantin Schreiber bei Maischberger glasklar gemacht: Die Welt schaut längst nicht mehr gebannt nach Berlin. Sie schaut gar nicht mehr hin.
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