Kettner Edelmetalle
23.07.2025
12:04 Uhr

Freispruch für "El Hotzo": Wenn Satire zur Staatsaffäre wird

Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat gestern ein bemerkenswertes Urteil gefällt, das einmal mehr die Frage aufwirft, wie weit die Meinungsfreiheit in Deutschland noch reicht. Der Satiriker Sebastian Hotz, besser bekannt unter seinem Künstlernamen "El Hotzo", wurde vom Vorwurf der Billigung von Straftaten freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte allen Ernstes eine Geldstrafe von 6000 Euro gefordert – für einen satirischen Tweet.

Der Tweet, der Deutschland erschütterte

Was war geschehen? Nach dem Attentat auf Donald Trump im Juli vergangenen Jahres hatte der 29-jährige Comedian auf der Plattform X gepostet, was "der letzte Bus" und Trump gemeinsam hätten. Seine Antwort: "leider knapp verpasst". In einem weiteren Kommentar schrieb er, er finde es "absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben". Tweets, die er später löschte – vermutlich ahnend, welcher Sturm der Entrüstung über ihn hereinbrechen würde.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk Berlin-Brandenburg reagierte prompt und beendete die Zusammenarbeit mit Hotz, der beim Sender Radio Fritz die Sendung "Theoretisch cool" moderiert hatte. Die Begründung des RBB liest sich wie ein Armutszeugnis für die Satirefreiheit: Die Äußerungen seien "mit den Werten, für die der RBB einsteht, nicht vereinbar". Man fragt sich unwillkürlich: Welche Werte sind das? Die Werte der vorauseilenden Selbstzensur?

Ein Gericht mit Verstand

Umso erfreulicher ist es, dass das Amtsgericht Berlin-Tiergarten nach nur einstündiger Verhandlung zu einem vernünftigen Urteil kam. Die Richter erkannten, was eigentlich jedem mit einem Funken Medienkompetenz klar sein sollte: Es handelte sich offensichtlich um Satire. Die Anwältin des Comedians hatte völlig zu Recht argumentiert, dass diese satirische Äußerung keinesfalls geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören.

"Es handelte sich offensichtlich um Satire" – ein Satz, der in Deutschland offenbar erst von einem Gericht festgestellt werden muss.

Auch der Deutsche Journalisten-Verband hatte sich empört über das Strafverfahren gezeigt und die Einstellung des Verfahrens verlangt. Dass es überhaupt zu einem Prozess kam, wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der Meinungsfreiheit in unserem Land.

Die wahre Gefahr für die Demokratie

Während man einen Satiriker vor Gericht zerrt, weil er zugespitzte Tweets verfasst, scheint die wahre Bedrohung für unsere Gesellschaft völlig aus dem Blick zu geraten. Die zunehmende Kriminalität, die täglichen Messerangriffe, die explodierende Gewalt auf unseren Straßen – all das ist offenbar weniger besorgniserregend als ein paar provokante Zeilen eines Comedians.

Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der eigentlich für Meinungsvielfalt und kritischen Journalismus stehen sollte, hier die Schere im Kopf ansetzt. Statt die Satirefreiheit zu verteidigen, knickt man beim ersten Gegenwind ein. Das ist nicht nur feige, es ist auch ein fatales Signal an alle Künstler und Satiriker in diesem Land.

Ein Pyrrhussieg für die Meinungsfreiheit

Der Freispruch für "El Hotzo" ist zwar zu begrüßen, doch der Schaden ist bereits angetreten. Ein junger Künstler hat seinen Job verloren, musste sich vor Gericht verantworten und wurde öffentlich an den Pranger gestellt – für Satire. Das sendet eine klare Botschaft an alle, die es wagen, mit spitzer Feder zu kommentieren: Passt auf, was ihr sagt, sonst seid ihr die Nächsten.

In einer Zeit, in der unsere Gesellschaft vor gewaltigen Herausforderungen steht, in der die Politik versagt und die Bürger zunehmend das Vertrauen in die Institutionen verlieren, bräuchten wir mehr, nicht weniger Satire. Wir bräuchten mehr mutige Stimmen, die den Finger in die Wunde legen, die provozieren und zum Nachdenken anregen. Stattdessen erleben wir eine Kultur der Einschüchterung, in der selbst offensichtliche Satire strafrechtlich verfolgt wird.

Das Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten ist ein kleiner Lichtblick in düsteren Zeiten. Es zeigt, dass es noch Richter gibt, die zwischen Satire und ernst gemeinter Billigung von Straftaten unterscheiden können. Doch dass es überhaupt so weit kommen musste, sollte uns alle alarmieren. Wenn wir nicht aufpassen, wird die Meinungsfreiheit in Deutschland bald nur noch eine ferne Erinnerung sein.

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