
Eklat im Oval Office: Vance bezeichnet Zusammenstoß mit Selenskyj als "nützlich"
Der amerikanische Vizepräsident J.D. Vance hat den berüchtigten Zusammenstoß mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office als "nützlich" bezeichnet. In einem Interview mit USA Today räumte Vance ein, dass die hitzige Auseinandersetzung im Februar zwar bedauerlich gewesen sei, aber wichtige Meinungsverschiedenheiten zwischen Washington und Kiew offengelegt habe.
Ein Schlagabtausch, der Europa erschütterte
"Manchmal sind Menschen eben unterschiedlicher Meinung", erklärte Vance mit bemerkenswerter Gelassenheit. Auf die Frage, ob er den öffentlichen Eklat im Oval Office bedauere, antwortete er: "Nicht unbedingt." Der Vizepräsident betonte, dass die Konfrontation dazu beigetragen habe, die tatsächlichen Streitpunkte zwischen der amerikanischen und der ukrainischen Seite zu verdeutlichen - etwas, was seiner Ansicht nach für das amerikanische Volk wichtig zu sehen gewesen sei.
Der Besuch Selenskyjs im Weißen Haus nach Trumps Amtseinführung sollte eigentlich die Unterstützung für die Ukraine angesichts der russischen Invasion stärken. Stattdessen entwickelte sich das im Fernsehen übertragene Treffen zu einem erbitterten Streit. Vance warf Selenskyj vor, undankbar zu sein und sich drei Jahre nach Beginn des brutalen Kremls-Krieges nicht auf diplomatische Verhandlungen mit Moskau einlassen zu wollen.
Europäische Solidarität und deutsche Kritik
Die Reaktionen aus Europa ließen nicht lange auf sich warten. Europäische Staats- und Regierungschefs stellten sich demonstrativ hinter Selenskyj und bekräftigten ihre unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine. Besonders deutlich wurde Bundeskanzler Friedrich Merz, der den wütenden Streit als "bewusste Eskalation" der Amerikaner bezeichnete und damit implizierte, dass es sich um einen geplanten Hinterhalt gehandelt habe.
"Wir wollen natürlich die territoriale Integrität der Ukraine schützen. Wir wollen nicht, dass Russland das gesamte Land erobert."
Diese Worte Vances klingen versöhnlich, doch sie können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Trump-Administration einen grundlegend anderen Ansatz im Ukraine-Konflikt verfolgt als ihre Vorgänger. Die Kritik an der Biden-Regierung, die Milliarden an Hilfsgeldern "ohne wirkliches Ziel, ohne wirkliche Diplomatie" vergeben habe, zeigt deutlich, wohin die Reise gehen soll.
Fragwürdige Friedensbemühungen
Vance behauptete, die Trump-Regierung sei nun "ziemlich auf einer Linie mit Präsident Selenskyj", was die Bemühungen um einen Friedensvertrag angehe. Diese Aussage wirkt angesichts der Realität vor Ort geradezu zynisch. Moskau hat von seinen maximalistischen Forderungen keinen Millimeter abgerückt: Die Ukraine solle weite, stark befestigte Gebiete in der östlichen Donbass-Region aufgeben - Territorien, die russische Truppen nur teilweise besetzt haben - und sich verpflichten, niemals der NATO beizutreten.
Dass Trump die Ukraine bereits unter Druck gesetzt habe, diese Zugeständnisse zu akzeptieren, wirft ein bezeichnendes Licht auf die amerikanische "Friedensdiplomatie". Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier weniger um einen gerechten Frieden als vielmehr um eine schnelle Lösung auf Kosten der ukrainischen Souveränität gerungen wird.
Die wahren Absichten hinter der Rhetorik
Die Behauptung Vances, seine Frustration während des Oval-Office-Eklats habe sich weniger gegen Selenskyj als gegen die Biden-Administration gerichtet, wirkt wie eine nachträgliche Schadensbegrenzung. Die öffentliche Demütigung eines Verbündeten, der um das Überleben seines Landes kämpft, lässt sich nicht einfach als innenpolitisches Theater abtun.
Was bleibt, ist der Eindruck einer amerikanischen Außenpolitik, die bereit ist, langjährige Allianzen und Prinzipien über Bord zu werfen. Die transatlantischen Beziehungen haben durch diesen Vorfall zweifellos Schaden genommen - ein Schaden, den auch Vances nachträgliche Relativierungen nicht kitten können.
Die Frage, die sich Europa stellen muss: Kann man sich in Zeiten existenzieller Bedrohungen noch auf die Vereinigten Staaten verlassen? Der Eklat im Oval Office hat gezeigt, dass die Antwort darauf alles andere als eindeutig ist.
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