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26.05.2025
16:57 Uhr

Digitaler Ausweis: Deutschlands späte Antwort auf längst etablierte Technologie

Während in Ländern wie Estland der digitale Personalausweis bereits seit Jahren zum Alltag gehört, verkündet Bundesdigitalminister Karsten Wildberger nun stolz, dass Deutschland in anderthalb Jahren nachziehen wolle. Die digitale Brieftasche solle Ende 2026, spätestens Anfang 2027 verfügbar sein – ein Zeitplan, der angesichts der technologischen Rückständigkeit unseres Landes fast schon ambitioniert wirkt.

Verspätete Innovation mit Ansage

Was Wildberger auf der „Technology Experience Convention" in Heilbronn als großen Fortschritt präsentierte, offenbart bei genauerer Betrachtung das ganze Dilemma der deutschen Digitalpolitik. Der Minister räumte bereits ein, dass die App bei ihrer Einführung keineswegs vollständig funktionsfähig sein werde. Man dürfe „nicht zu viel versprechen", so der ehemalige Top-Manager – eine bemerkenswerte Aussage für ein Projekt, das eigentlich längst hätte umgesetzt sein müssen.

Die digitale Brieftasche solle nicht nur den Personalausweis, sondern auch Führerschein, Gesundheitskarte, Zeugnisse und Impfpass beinhalten. Doch während andere Länder diese Funktionen bereits seit Jahren erfolgreich nutzen, müssen deutsche Bürger weiterhin mit physischen Dokumenten hantieren und sich auf bürokratische Prozesse einlassen, die andernorts längst der Vergangenheit angehören.

Digitale Souveränität als Feigenblatt

Besonders pikant wird Wildbergers Argumentation, wenn er von digitaler Souveränität spricht. Der Minister beklagte, dass 80 Prozent der digitalen Zahlungen in Europa von Unternehmen außerhalb der EU abgewickelt würden. Doch anstatt diese Entwicklung durch rechtzeitige Innovation zu verhindern, habe man jahrelang tatenlos zugesehen, wie amerikanische und asiatische Tech-Giganten den europäischen Markt dominierten.

Die Frage, ob die Menschen wollen, dass ihre sensiblen Zahlungsdaten den EU-Rechtsrahmen verlassen, kommt reichlich spät. Hätte man nicht schon vor Jahren Alternativen schaffen müssen, anstatt erst jetzt – unter dem Druck einer EU-Verordnung – halbherzig nachzuziehen?

Technologisches Entwicklungsland Deutschland

Die Tatsache, dass Deutschland erst durch eine EU-Verpflichtung zum Handeln gezwungen werden musste, spricht Bände über den Zustand unserer Digitalpolitik. Während Estland seinen Bürgern bereits seit 2002 eine digitale Identität anbietet, diskutiert man hierzulande noch immer über Datenschutzbedenken und technische Hürden.

Diese Rückständigkeit ist kein Zufall, sondern das Ergebnis jahrelanger politischer Versäumnisse. Statt in zukunftsfähige Infrastruktur zu investieren, habe man sich in ideologischen Debatten verloren und Milliarden in fragwürdige Projekte gesteckt. Die digitale Transformation wurde verschlafen, während man sich lieber mit Gendersternchen und Klimapanik beschäftigte.

Freiwilligkeit als Ausrede

Dass die Nutzung der digitalen Identität freiwillig sein solle, klingt zunächst nach einem Zugeständnis an besorgte Bürger. Doch in Wahrheit offenbart sich hier die mangelnde Überzeugung der Politik von ihrem eigenen Projekt. Wer von den Vorteilen digitaler Lösungen überzeugt ist, müsste nicht ständig die Freiwilligkeit betonen – er würde ein System schaffen, das die Menschen gerne nutzen.

Die Ankündigung, dass die App schrittweise mit neuen Funktionen ausgestattet werden solle, lässt zudem befürchten, dass deutsche Bürger noch Jahre auf eine vollständig funktionierende Lösung warten müssen. Während andere Länder bereits an der nächsten Generation digitaler Services arbeiten, feiert Deutschland die Ankündigung einer Beta-Version als großen Erfolg.

Verpasste Chancen und vertane Zeit

Was besonders frustriert: Die Technologie für digitale Ausweise existiert seit Jahren. Es handelt sich nicht um Raketenwissenschaft, sondern um bewährte Systeme, die weltweit erfolgreich eingesetzt werden. Dass Deutschland erst jetzt – und dann auch noch halbherzig – nachzieht, zeigt die mangelnde Innovationskraft und den fehlenden politischen Willen zur echten Modernisierung.

Statt endlich durchzustarten und Deutschland zu einem digitalen Vorreiter zu machen, begnügt man sich mit dem Mindestmaß, das die EU vorschreibt. Diese Mentalität des kleinsten gemeinsamen Nenners durchzieht die gesamte deutsche Politik und ist mitverantwortlich für den schleichenden Abstieg unseres Landes in der globalen Wettbewerbsfähigkeit.

Die späte Einführung des digitalen Ausweises ist symptomatisch für ein Land, das seine besten Zeiten hinter sich zu haben scheint. Während andere Nationen mutig voranschreiten, verwaltet Deutschland seinen Rückstand. Es bleibt zu hoffen, dass die kommende Generation von Politikern endlich den Mut aufbringt, echte Reformen anzupacken – bevor es endgültig zu spät ist.

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