Kettner Edelmetalle
26.10.2023
07:21 Uhr

Top-Ökonom zerpflückt Habecks Industriestrategie: "Gefährliche Illusion"

Die neu vorgestellte Industriestrategie von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sorgt für heftige Kritik. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), sieht zwar gute Ansätze, warnt jedoch vor den Folgen einer Politik, die zu sehr von den Interessen der mächtigen Industrielobby geleitet ist. Er sieht in der neuen Strategie eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.

Industriestrategie unter der Lupe

Fratzscher lobt zwar einige Aspekte der neuen Industriestrategie, wie die Betonung der Notwendigkeit für eine ökologische und wirtschaftliche Transformation Deutschlands. Er begrüßt auch die Forderung nach einer deutlichen Stärkung öffentlicher Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Entwicklung. Jedoch sieht er in der Strategie auch einige gravierende Schwächen.

Existierende Wirtschaftsstrukturen zementieren

Er kritisiert, dass Habecks Industriestrategie versuche, existierende Wirtschaftsstrukturen zu zementieren, anstatt notwendige und unausweichliche Veränderungen zuzulassen. Dies sei angesichts der verschlafenen Energiewende und der hohen Abhängigkeit von russischem Gas und Öl unrealistisch. Energieintensive Unternehmen in Deutschland könnten in Zukunft nicht überleben. Die Absicht, alle energieintensiven Industrien in Deutschland in jetziger Größe zu erhalten, sei daher utopisch.

Zu viel Subvention, zu wenig Wettbewerb

Des Weiteren bemängelt Fratzscher, dass die Industriestrategie zu stark auf Subventionen und zu wenig auf Wettbewerb und Innovation ausgerichtet sei. Die geplanten Subventionen, beispielsweise für einige wenige energieintensive Branchen durch den Industriestrompreis, seien schädlich. Sie würden alle anderen Unternehmen durch höhere Energiekosten ins Hintertreffen bringen und die Einhaltung der Klimaschutzziele weiter erschweren.

Reduzierung globaler Abhängigkeiten

Die geplante Reduzierung globaler Abhängigkeiten bezeichnet Fratzscher als "gefährliche Illusion". Deutschland habe in den letzten 70 Jahren stark von der Globalisierung profitiert. Ein Versuch, Abhängigkeiten zu reduzieren, würde Kosten erhöhen und Arbeitsplätze in Deutschland zerstören.

Europäische Perspektive fehlt

Fratzscher kritisiert zudem, dass die europäische Perspektive und die soziale Perspektive in Habecks Industriestrategie zu kurz kämen. Wirtschaftspolitik dürfe nicht die Menschen ignorieren, sondern müsse sie mitnehmen. Diese Industriestrategie bleibe die Antwort schuldig, was die geforderten Maßnahmen für die Menschen, vor allem für die verletzlichsten Menschen in Deutschland, bedeuten und wie sie sich auf den Wohlstand aller auswirken würden.

Es bleibt abzuwarten, ob Bundeswirtschaftsminister Habeck auf die Kritik reagiert und Anpassungen an seiner Industriestrategie vornimmt. Doch eines ist klar: Eine Strategie, die die Interessen der Industrielobby über die der Bürger und der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stellt, kann auf Dauer nicht erfolgreich sein.

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